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11.11.1999
 
 
   
 

Kubanisch Rauchen
Interview mit Stephan Wagner

 
Simon Licht und Tatjana Alexander
     
 
 
 
 

Richard Oehmann interviewte Stephan Wagner, Regisseur von KUBANSICH RAUCHEN, auf der diesjährigen Berlinale. Stephan Wagner hat in Wien Film studiert und wohnt derzeit in Berlin. "Kubanisch rauchen" ist sein erster Spielfilm und seit letzter Woche ist er endlich auch in München zu sehen (im Arena und im Maxim) - und das jetzt schon in der zweiten Woche!

Artechock:Weshalb dreht man einen österreichischen Spielfilm auf altem DDR-Material aus Wolfen?

Der Film ist meines Wissens nach der letzte Schwarz-Weiss-Film weltweit, der auf ORWO hergestellt wurde. Wir haben dieses Material in mehreren osteuropäischen Ländern zusammenkaufen müssen, wir hatten richtige Scouts, die bis nach Polen vorgestoßen sind, um die letzten Rollen zu besorgen. Für ORWO haben wir uns einerseits deshalb entschieden, weil es meiner Meinung nach eines der besten Schwarz-Weiss-Materialien ist. Es ist eine Schande, daß die Produktion eingestellt worden ist. Andrerseits war es natürlich einen budgetäre Frage, denn der Film ist ja mit dem entstanden, was so ein Geldautomat pro Tag hergibt, und das Material war weit billiger als andere. Wir sind auch sehr zufrieden damit. Ich habe sogar ein Kompliment bekommen, daß mich lange beschäftigt hat. Ein Zuschauer kam zu mir und hat mir gesagt, er sei erst nach einer Stunde draufgekommen, daß es sich um einen Schwarz-Weiss-Film handelt, weil er so von der Kraft der Bilder beeindruckt war. Ich denke, das spricht für sich, und ich hoffe, daß die Verleiher etwas mehr Flexibilität an den Tag legen, und nicht vor solchen Filmen zurückwenden,. Ich glaube, daß Schwarz-Weisse sehr wohl eine Zukunft hat, wenn es richtig eingesetzt ist.

>>Wie haben Sie es fertiggebracht, den renommierten Hollywood-Darsteller Seymour Cassel in "Kubanisch rauchen" auftreten zu lassen?

Seymour Cassel habe ich vor drei Jahren bei der Viennale kennengelernt, wir haben uns sehr gut verstanden. Er hat mir das Angebot gemacht, in meinem ersten Spielfilm eine Rolle zu übernehmen, und um dies zu unterstreichen, hat er mir das sogar schriftlich gegeben. Ich habe dann zwei Jahre keinen Kontakt zu ihm gehabt. Bei den Dreharbeiten hatten wir schließlich das Gefühl, daß wir einen Schauspieler brauchen, der die Kraft hat, die kleine Rolle des Dragan so zu füllen, daß sie nicht nur zur Strichfigur wird, sondern einen Unterbau bekommt. Da hab ich ihm ein Fax geschickt und Cassel an sein Versprechen erinnert. Er hat sofort geantwortet und gefragt, wann er wo zu sein hat. Seine einzige Bedingung war ein anständiges Hotelzimmer und ein Businessflug. So haben wir das unmögliche hingekriegt, in einem fast budgetlosen Film, den keiner haben will, einen Hollywoodstar unterzubringen. Dadurch haben wir auch in Österreich und Deutschland leichter einen Verleih bekommen, und jetzt, wo das Ergebnis vorliegt, gibt es plötzlich ein Bedürfnis nach dem Film.

>>Es geht in "Kubanisch rauchen" um Liebes-, Freundschafts und Gangstergeschichten. Von welcher Grundidee sind Sie ursprünglich ausgegangen?

Ursprünglich ging es um die Situation, wenn man nicht weiß, ob man einen Menschen liebt oder ob man soviel Liebe in sich hat, daß es auch für zwei reicht. Es war die Geschichte zweier Freunde und zweier Frauen, im Verlauf der Entwicklung hat mich das Umfeld dieser beiden Freunde immer mehr interessiert. Die Freundschaft beruht auf einer Lüge, die sich vor Jahren eingeschlichen hat, und die alles zum Zusammenbruch bringt. Ansonsten hieß die Konstellation Liebesgeschichte gegen Doppelleben, was nicht besonders klassisch ist. Dabei kann man sich auch leicht verstricken in den Ebenen. Mir war sehr wichtig, dem Film eine gewisse Heterogenität zu geben. Mir ging es nicht darum, ein Genre zu bedienen, sondern ein Lebensgefühl zutransportieren. Ich sag immer: 'Das ist ein Film über's Lebn', und ein solcher Film muß eine persönliche Komponente, wie auch eine alltägliche Komponente haben. Der östereichische Alltag hat eine ganz eigene Qualität von absurdem Humor. Ein Humor, dessen Wahrnehmung mir besonders naheliegt. Ich kann mich stundenlang aufregen, und ebenso stundenlang amüsieren über diese kleinen Unterschiede zwischen dem österreichsichen und dem deutschen Alltag. Solche Erfahrungen haben den Film stark beeinflußt.

>>Sie sind ein deutscher Filmemacher, der in Österreich studiert hat. Wie unterscheidet sich für sie die Arbeit in den beiden Ländern?

Die Situation als österreichischer Filmemacher ist natürlich immens härter, weil die Menge der produzierten Filme viel kleiner ist. Das heißt: Es streiten sich viele Menschen um sehr wenige Projekte, was dazu führt, daß viele Leute stagnieren. Die Frustration schlägt sich wiederum in den Projekten nieder. Ein frustrierter Mensch hat es ja viel schwerer etwas Kraftvolles zu schreiben, als jemand er aus dem Vollen schöpfen kann. Insofern ist es einfacher in Deutschland zu arbeiten, weil die Wahrscheinlichkeit viel größer ist, auf jemanden zu treffen, der am gleichen Strang zieht.

- Die Kritik zu Kubanisch Rauchen von Richard Oehmann

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