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"Meine lieben Kurgäste, wir ham ja heut noch viel
vor, die Musi spielt, und wir ham, glaub ich, nachher noch
eine Tombola." Es gilt heute einen "Könner,
also schon eine Spitzenkraft," zu rühmen, die so
manche "unantastbare Dimension" angegriffelt hat,
den Redner, Philosphen und Mitbegründer der "Gesellschaft
zur Erforschung von Angelegenheiten" Gerhard Polt, geboren
am 7. Mai 1942.
Hüsch glaubte an die Liebe, Wecker lebte immer am Strand,
BAP spielte gegen Kernkraftwerke, und diese blieben trotzdem
stehen. Wie hart die Zeiten um 1980 waren, wird daran ersichtlich,
dass der vielleicht einzig nenneswerte kulturelle Vorstoß
vom Bayerischen Rundfunk ausging. nämlich die Serie "Fast
wia im richigen Leben". Zu dieser Zeit war Gerhard Polt
schon ausgelernt, doch der Schritt vom Skadinanivisten zum
Humoristen wohl unweigerlich. Denn "wenn einer Kunstmaler
im Blut, dann muß er malen, sonst werd er ja unglücklich."
"Wir kreativen Menschen haben doch die schwerste
Bürde zu tragen."
"Wie wahr, äh, noch'n Campari?"
Die Serie wurde von Gerhard Polt und seinem Spezi, dem Regisseur
Hanns-Christian Müller, gemeinsam gestaltet. Hauptdarsteller
war stets Polt, ihm zur Seite stand die glorreiche Gisela
Schneeberger, eine Reinkarnation Liesl Karlstadts. Später
traten die beiden in Dieter Hildebrandts "Scheibenwischer"
zum Rhein-Main-Donau-Kanal auf und beschuldigten bei voller
Namensnennung die gesamte bayerische Polit-Prominenz der Korruption.
"Des werd dann halt nachträglich alles juristisch
begradigt." Die CSU bedankte sich durch Protest, und
der BR - "Hochinteressant vom geschichtlichen Standpunkt
her." - drohte mit Abschaltung der bayerischen Anschlüsse.
So wurde Polt bundesweit erst richtig bekannt. Durch die Prominenz
erwuchs kurzzeitig die Gefahr, dass aus dem Humoristen ein
gemütliches Original werden könnte. "Ohne solche
Leute, wäre die Alpenregion n' Stückchen ärmer."
Diese Bedrohung bannte Polt durch inhaltliche Ungemütlichkeit.
"Sie, bei uns im Radlkeller liegt meines Erachtens a
Fehlgeburt."
Seither macht Polt unablässig seine oberbayerische Befindlichkeitsrunde.
Die dabei zu Wort kommenden Gestalten, lauter prototypische
Individualisten quasi, doch jeder für sich ethisch "a
bissl a ambivalente Person, nicht wahr," plaudern locker
aus ihrem Leben: Der Nazi von nebenan, der Häusersanierer
mit Vorliebe für unbürokratische Maßnahmen
oder der Beamte vom Kreisverwaltungsreferat, der die Akten
ehemaliger KZ-Insassen zu bearbeiten hat: "Die Frau Weiß
war dreieinhalb Jahre im KZ. Reschpekt!" All diese Leute,
ob sie nun im Urlaub Menschenfleisch probieren, im Naturschutzgebiet
einen Ölwechsel vornehmen oder die vietnamesische Ehefrau
vorführen, sind im Grunde jovial und zutraulich. "Sag
amal schön Grüß Gott, Mai Ling!". Und
mancher beherzte Bürger, etwa jener, der zwei automatenknackende
Buben abknallt, hat nur das große Ganze im Auge:"Ist
es das Deutschland, das wir gemeinsam aufgebaut haben?"
Zeit mal Zeit ist Mahlzeit
"Also, da fragt man sich": Wo ist denn da die Grenze
zum echten Polt? Schließlich muß einer selber
schon viel von einer Drecksau in sich haben, um so viel Grenzwertiges
an Text zu Tage zu fördern, z.B. den KZ-Country-Song
"Concentration-Camp", in dem ein Amerikaner von
seiner Urlaubsliebschaft jodelt: "Komm in meine arm,
it will keep you always warm in and outside the wonderful
concentration-camp." Und Polt hat oft gute Gründe
parat, woraus die Schandtaten seiner Schauergestalten erwachsen:
Tatendrang, Ordnungsliebe, "oder einfach nur so."
Sympathischer dürften dem Künstler selbst allerdings
seine Gemütlichkeitsphilosphen sein. "Zeit mal Zeit
ist Mahlzeit." Polt - unverdrossener Langsamfahrer im
Straßenverkehr, Traumberuf Bootsverleiher - hat schon
1981 dem ZDF 10 Minuten Sendezeit abgetrotzt, indem er bei
einer Dankesrede für den Kleinkunstpreis so gut wie nichts
sagte. "Des is doch absolut ausgewogen, oder, finden'S
net?"
In Arbeits- wie Freizeit liebt der Humorist offenbar seine
Heimat. Von der guten, alten Zeit und der Überfremdung
durch protestantische Neobajuwaren redet er darum noch lang
nicht. Lieber leidet er an der CSU-befohlenen Betonierung
Bayerns - "Was man liebt, des aphaltiert man doch nicht
ständig!" - und macht seine Landsleutedarauf aufmerksam,
ob in den Kammerspielen oder bei den Jungbauern in Simmssee.
"Des is a unglaubliche Wanderung durch die Milieus."
Bewahrertum ist also auch immer dabei, wenn seine Figuren
ihren Sohn Jean-Claude nennen oder den Christbaum in der Garage
aufstellen. Oder, wenn die kommunalen Machtmenschen ihre Konzepte
offenbaren. "Ich brauche keine Opposition, denn ich bin
ja bereits Demokrat." Andrerseits ist er dem Surreal-Verwurschtelten
nicht abhold. Aus dem allgemeinem kulturellen Tohuwabohu schöpft
er große Vergnüglichkeit, "passen'S auf":
"Guten Tach, Frau Fitzthum.", "Ja, griaß
god, Frau Gschwendtner."
"Reschpekt!"
13 Folgen "Fast wia im richtigen Leben", drei Filme,
dazu Stücke, Bücher, Hörspiele, CDs, Neujahrsreden,
sowie improvisierte Radio-Gespräche. Ein ertragreiches
Leben also, ob nun als Humorist, Skandinavist oder Surrealist.
Trotzdem, 60 Jahre - da könnt man allmählich mosern:
"Der hupft auch nicht mehr so hoch wie früher. I
glaub, der hat des auch gar nimmer nötig." Der neue
Film "Germanicus", der, wie es gerüchtelt,
unter einigen Schwierigkeiten in Rom gedreht wurde, könnte
womöglich die erste Großniederlage werden. Vielleicht
läßt sich Polt auch, geschwächt durch Altersmilde,
doch noch niederschmusen von offiziellen Fernseh- und Kultur-Hanswürsten,
bis zur Harmlosigkeit kaputtloben, gar bundesverdientskreuzigen?
"Nein, das ist unwahrscheinlich." Man muß
sich bloß Ottfried Fischers Laufbahn anschauen, um zu
erkennen, was der Polt schon alles abgelehnt hat.
"Natürlich wollen wir wissen, wie's weitergeht."
aber zunächst einmal sind wir" gekommen, unser Haupt
zu verneigen vor ihm und seinem Gesamtwerk", auch vor
seinen Mitarbeitern Böhm, Ismeier und Rösner, vor
Otto Grünmandl selig, Gisela Schneeberger und der Biermösl
Blosn, vor dem Herrn Dr. Berzlmeier und natürlich unserem
Heinz-Rüdiger. "Also, dann..." "Helau"
bzw. "Cin Cin" alle miteinander.
"Wir sagen: Vielen Dank, Alfons Pröbstl, dem Mitbegründer
der bayerischen Landesbotenkreditanstalt und sämtlicher
Filialen."
Richard Oehmann
P.S.: "So, hamma des heuer auch wieder."
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