KINO MÜNCHEN FILM AKTUELL ARCHIV FORUM LINKS SITEMAP
     
 

Der Filmfreund rät

  22.03.2001
 
 
 
 

Schmutz und Schund, widerlich proletarisch und pubertär, nur an die niedersten Instinkte appelierend und vor allem die geistige Gesundheit des Jungvolks gefährdend: Man kennt die Vorwürfe. Bisher hat noch jedes populäre Medium in seinen Anfangsjahren sie über sich ergehen lassen müssen - vor dem Kino sprach man so über den Roman, und als sich laaaangsam die Erkenntnis weithin durchgesetzt hatte, dass Film doch auch eine Art von Kunst sei, da traf es die Comics. (Die sind mittlerweile auch schon vergleichsweise arriviert, jetzt sind halt Internet und Videospiele dran.) Aber so ein bisschen Aufklärungsarbeit schadet da nach wie vor nicht - weshalb Veranstaltungen wie der Comicologische Congress in der Pasinger Fabrik (22.3. bis 22.4.) stets willkommen sind, die beweisen, dass Comics eine der unterhaltsamsten Dinge sind, mit denen man sich ernsthaft beschäftigen kann.

Und weil Comic und Film doch durchaus verwandte Kunstformen sind (was z.B. Scott McCloud in "Understanding Comics" über Closure erzählt, dass ist nahtlos auf Schnittechniken im Film übertragbar), gibt's dazu freilich auch ein cineastisches Begleitprogramm. Und da eins der Themen des Congresses die Zensur ist, gäb's dafür keinen geeigneteren Veranstaltungsort als das Werkstattkino, Münchens Lichtspielhaus mit der definitiv höchsten Quote an Staatsanwalts-Besuchen.

COMIC BOOK CONFIDENTIAL (Sa./So. 22:45, OmU) ist eine schöne Doku für alle, die den Weg der Comics vom anrüchigen Entertainment auf Billigstpapier zur Kunstdruck-graphic novel nachschlendern wollen, anhand von Interviews mit so ziemlich allen der wichtigsten amerikanischen Comic-KünstlerInnen, die ihn beschritten (und freigeräumt) haben. Für Einsteiger eine kompakte, informative Tour, für Fans etliche schöne Portraits ihrer Lieblinge. Damit's aber nicht zu kulturell wertvoll und konsensfähig wird: Manche Comics sind (gottseidank) auch ziemlich genau so, wie Kulturpessimisten und Moralfurzer vom Schlage Frederic Wertheims schon immer befürchtet haben. Und manche Filme (die auf solchen Comics basieren) zum Glück auch. THE PUNISHER (Mo./Di. 22:45, OF) ist ein echtes guilty pleasure, einer dieser Streifen, den man rational kaum verteidigen kann (oder eher: sich traut zu verteidigen): Ein billiger, dreckiger kleiner Action-Knaller nach den gleichnamigen Selbstjustiz-verherrlichenden Marvel Comics. Der schämt sich nicht für das, was er ist (hat aber doch eine gesunde Portion Ironie), sondern lässt es krachen. In der ungeschnittenen Originalfassung (die hier gezeigt wird) türmen sich die Leichen nur so - da gibt es z.B. diese wunderbare Szene, wo ca. 30 Yakuza-Kung Fu-Kämpfer bereitstehen, den Protagonisten zu stoppen. Und der mit seinen MGs durch die Tür maschiert und alle, alle einfach niedermäht. Wer es schafft, bei diesem Film den Body Count mitzuzählen, hat sich mindestens ein Freibier verdient (ob er oder sie's kriegt, ist die andere Frage) - wir haben es einst versucht und so ungefähr bei 92 dann doch aufgegeben. Wenn das keine Gaudi ist! (Nächste Woche empfehlen wir dann für die empfindlicheren Seelen vielleicht wieder was Kultivierteres...) Viel Spaß im Kino wünscht,

Die Artechock-Redaktion

  top
   
 
 
[KINO MÜNCHEN] [FILM AKTUELL] [ARCHIV] [FORUM] [LINKS] [SITEMAP] [HOME]