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Lang wie lang nicht mehr gesehen

  01.03.2001
 
 
 
 

Die Hand, die dem gehetzten Mörder das weiße Kreide-"M" auf den Mantel klatscht. Die Arbeiterscharen, die in dichtgedrängter Formation in die Aufzüge marschieren, während auf der anderen Seite der Moloch ihre Vorgängerschicht verbraucht wieder ausspuckt. Und: Die Schöpfung der Roboterfrau Hel.
Das sind Bilder, die alle kennen. Selbst wer noch nie einen Fritz Lang-Film gesehen hat, ja, selbst wer noch nie im Kino war und nur MTV schaut, hat sie als fast schon archetypische Ikonen im kulturellen Repertoire. Ein Stück Lang sitzt tief in allen von uns.
Und dann die Filme, deren Einfluss sich weniger in einzelnen Bildern verdichten lässt, der aber nicht minder stark ist: Langs MABUSE-Reihe; direkt und indirekt Folie für unzählige Streifen über megalomane Super-Verbrecher - und in den 60ern Auslöser für eine bis heute schwer unterschätzte Welle wundervoller deutscher Mabuse-Filme, deren mutierte Fortsetzung im italienischen Genre-Kino und von dort wiederum in Hollywood bisher nur vage erforscht sind. Oder seine Ausflüge ins Exotische - DIE SPINNEN, DER MÜDE TOD, HARAKIRI, DAS INDISCHE GRABMAL, die als unterirdische Strömung in so vielen Filmen weiterwirken.
Nicht zu vergessen die ungeheure Bewunderung der französischen Nouvelle Vague für den Meister aus Deutschland, die teils überdeutliche (LE MÉPRIS, DOCTEUR M), teils subkutane Spuren hinterlassen hat.
Und selbstverständlich sein umfangreicher Kanon an einflussreichen Werken in Hollywood - gerade hierzulande im Vergleich zu den frühen deutschen Filmen oft immer noch etwas stiefmütterlich, etwas reserviert behandelt und doch so unglaublich reich an großartigsten Kinoerlebnissen: Fritz Langs Werk ist ein Strom, der sich durch über 40 Jahre Kinogeschichte zog und aus dem sich unzählige andere gespeist haben.

Jetzt gibt es endlich wieder einmal die Möglichkeit, an die Quelle zurückzukehren, all die Bilder an ihren Ursprung zurückzuverfolgen. Bereits auf der Berlinale präsentiert, macht die große Fritz Lang-Retrospektive nun von März bis Mai im Münchner Filmmuseum Station - das sich unter Enno Patalas ja einst allerhöchste Verdienste um die Lang-Pflege erworben hat. Es gibt alles zu sehen, was vom alten Fritz noch erhalten ist - und mehr: "Lang & more" zeigt Filme mit, über und um Lang - Interviews, LE MÉPRIS, Joseph Loseys "M"-Remake, Chabrols DOCTEUR M, JESSE JAMES als Vorbereitung auf Langs THE RETURN OF FRANK JAMES, und, und, und...
Dabei wird gerade die Wiederbegegnung mit den altvertrauten Filmen teils sehr spannend: METROPOLIS z.B. zeigt sich (bisher einzig in München ja immerhin schon in einer der Urgestalt nahekommenden Fassung zu sehen) in ganz neu und aufwendig rekonstruiertem Gewand, und auch wer (wie die meisten) M - EINE STADT SUCHT EINEN MÖRDER nur in der Verleihfassung aus den 50ern kennt, mit Schnitten und entstellter Tonspur, wird bei der neuesten Restauration ganz gehörige Überraschungen erleben. Gut ein Viertel der Filme ist in solch neuen Fassungen zu sehen (darunter auch die MABUSE-Filme) - die anderen, was auch nicht zu verachten ist, in bestmöglicher Kopien-Qualität. Mit anderen Worten: Die nächsten drei Kino-Monate sind gerettet - und ausgebucht.

Über Fritz Langs Filme noch schreiben zu wollen, zeugt mit einiger Sicherheit von Dummheit, Größenwahn, Eitelkeit oder Naivität. Es gibt wenig, was da nicht schon (meist mehrfach) gesagt wurde. Dennoch (und auf die Gefahr hin, in die ein oder andere dieser Kategorien zu tappen) wollen wir bei Artechock die Retrospektive hin und wieder mit Texten begleiten - möglichst mit welchen, die nicht aus dem Impetus der Wahrheitsverkündung und Belehrung entstehen, sondern aus der persönlichen Getroffenheit bei einzelnen Filmen, aus purer Liebe zum Kino. Wir hoffen, Sie haben Lust, da ab und zu reinzuschauen.

Thomas Willmann

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