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Artechocks Angebot der Woche

  17.11.1999
 
 
 
 

Suchen Sie sich's aus, wie Sie's sehen wollen: Entweder sind wir letzte Woche SEHR spät dran mit unseren Empfehlungen, oder diese Woche ein paar Tage früher als gewohnt. Wir entschuldigen uns jedenfalls vielmals, dass unser beliebter (hoffen wir zumindest) Service eine kleine Unterbrechung erfahren musste - aber so geht's halt manchmal im wildbewegten Leben der Lohnschreiber.
War aber auch halb so wild, denn das Wichtigste war ja gesagt, und gilt noch immer: FIGHT CLUB schauen!
Worauf wir sonst noch unbedingt hinweisen hätten wollen, können wir auch jetzt noch zumindest halbwegs nachholen: Volume 3 der "That's Blaxploitation, Baby"-Reihe im Werkstattkino. Die andere Schwarze Serie Hollywoods sozusagen, Filme mit schwarzen Stars für ein großteils schwarzes Publikum - von meist weissen Filmemachern. Jedenfalls cooles, lebendiges Kino mit tollen DarstellerInnen (mmmmmh, Pam Grier...) und guter Musik. Diesmal auch mit einigen Ausläufern der 70er Jahre Welle in den 90ern und (wichtig!) einem hohen Anteil an OFs - die genauen Titel erfragen wir als brave Filmfans beim Werkstattkino selbst.
(WERKSTATTKINO: "That's Blaxploitation, Baby - Volume 3", tgl. 21:00, 23:00)

À propos "wichtig OF": Die Lupe2 bringt ja nun seit einigen Wochen ihren Beitrag zum Münchner Orson Welles-Revival in Form einer Retrospektive der bekanntesten Filme. Das ist im Prinzip löblich - dennoch können wir diese Woche zum ersten Mal guten Gewissens empfehlen, hinzugehen. THE LADY FROM SHANGHAI läuft nämlich im Original mit Untertiteln. Und auch wenn wir schon des öfteren erörtert haben, dass OFs den Synchronisationen weit vorzuziehen sind, so muss das bei Welles doch ganz nachdrücklich und speziell unbedingt noch einmal geschehen.
Denn der gute Orson (der am Anfang seiner Karriere ja lang und hervorragend Radio gemacht hat) ist im Umgang mit Ton ein Künstler und Meister wie kein zweiter seiner Zeitgenossen. Ton war enorm wichtig für ihn, er hat daran stets sehr lange getüftelt, und er hat stets ziemlich andere ästhetische Lösungen gefunden, als der Mainstream sie diktierte. (Ausserdem ist da selbstverständlich - bei Welles als Schauspieler - seine unverwechselbare Stimme, die bei ihm vielleicht mehr Markenzeichen war als alles andere.)
Von all dem bleibt in den Synchronfassungen bestenfalls wenig übrig, meistens aber gar nichts. Wer beispielsweise CITIZEN KANE nur in der deutschen Fassung gesehen hat, kann nicht behaupten, den Film zu kennen: Der Gutteil von Bernhard Herrmanns großartiger und extrem aussagekräftiger Musik durch belanglosen Archivschmonz ersetzt, fast die ganzen Toneffekte und -mischungen getilgt und an ihre Stelle Sachen gesetzt, die ein völlig anderes Konzept haben als das von Welles intendierte und die in den Köpfen des Publikums radikal andere Räume, eine andere Welt entstehen lassen. Und dann noch die Dialoge ihres Rhythmus beraubt, alles schleppend und aufdringlich gemacht.
Bei Welles anderen Filmen sieht's selten besser aus, und deshalb also: Wenn Welles, dann bitte im Original. Dann aber - wie diese Woche bei THE LADY FROM SHANGHAI - auf jeden Fall.
(THE LADY FROM SHANGHAI (OmU): Mo.(22.11.)/Di. 20:00, Mi. 17:30)

Von den Niederungen der Welles-Synchronisationen jetzt aber munter wieder auf einen cineastischen Gipfel marschiert: Ab Donnerstag wird's hier bei Artechock ohnehin ausführlicher Erwähnung finden, da's aber am Mittwoch schon los geht, hier bereits der wichtigste Hinweis der Woche. Nämlich der auf das "Hong Kong S.A.R."-Festival im Filmmuseum. "S.A.R.", so haben wir mittlerweile herausgefunden, heißt "Special Administrative Region" und bezeichnet den Status Hong Kongs seit der Übergabe zurück an China. Aus der Zeit davor hatten uns hierzulande ja einige Filme erreicht und nachhaltig bewiesen, dass in HK das aufregendste Kino der Welt gemacht wird. Dann wanderten die grossen Regie-Stars fast alle nach Hollywood ab, wo sie mit unterschiedlichem Erfolg bemüht waren, etwas von ihrem genialen Stil auch im dortigen System noch zu bewahren. Und in Sachen Hong Kong wurde es ziemlich still in unseren Kinos.
Die verbliebenen Filmemacher dort freilich haben auch unter chinesischer Flagge nicht aufgehört, dem Gros der abendländischen Kollegen stets ein paar Schritte voraus zu sein, was Einfallsreichtum, Größe, Virtuosität angeht. Was nun eben im Filmmuseum zu besichtigen sein wird - und zwar mit einiger stilistischer und inhaltlicher Bandbreite. Die Genre-Fans werden auch bedient, klar, aber es gibt noch viel mehr zu sehen als martial arts und Blei-Ballette. Dramen, Art-Movies, Dokus sind mit von der Partie, und das alles wohl nicht so schnell wieder auf hiesigen Leinwänden zu sehen. Also: Nichts wie hin!
(FILMMUSEUM: "Hong Kong S.A.R.")

Für alle, die da auf den Geschmack an Hong Kong-Kino kommen, die ihn vorher schon hatten, oder die in anderem Kontext erstmal reinschnuppern wollen: Am Samstag Nachmittag gibt's auch noch BISHONEN! zu sehen, die Lovestory zwischen einem schönen jungen Gigolo und einem Polizisten. Der Film läuft bei "Verzaubert", dem Internationalen SchwulLesbischen Filmfestival, das am 17. November beginnt und nun schon ins 9. Jahr geht.
Ist selbstverständlich nicht der einzige interessante Film dort im Programm. Auch wenn's mal wieder so sein wird wie bei Veranstalter Rosebud Entertainment (auch bei deren Fantasy Filmfest) üblich - dass nämlich das Meiste im Festivalkatalog wesentlich besser klingt als es dann auf der Leinwand tatsächlich ist: Hingucken lohnt sich immer wieder, und zwar auch, wenn man nicht primär am Thema interessiert ist sondern erstmal an gutem Kino. Was es alles zu sehen gibt und wann und wo und wie, das ist in gebotener Ausführlichkeit auf der Website der Veranstaltung in Erfahrung zu bringen.

So, und jetzt können wir's ja eingestehen: Unsere Verspätung mit diesen Wochentips - die hatte nichts mit Faulheit oder Zeitnot unsererseits zu tun! Nein, nein, ganz andere Gründe sind da verantwortlich - oder besser gesagt ein ganz anderer Grund. Jawoll, der Herr Oehmann war's! Genau! Der sah nämlich die eiserne Konsequenz seiner weisen Schlußworte in Gefahr, fürchtete um deren vertraute Gestalt. Unordnung drohte sich auszubreiten, Chaos klopfte an die Pforte und machte Regierungsanspruch geltend, das heillose Durcheinander in Verbund mit dem Untergang des Abendlandes waren nur noch einen Kieselsteinwurf entfernt. "Sonntag Fußball und Lindenstraße"! Ei weh, wie hätte uns alle so ein Satz bis in unsere Grundfesten erschüttert, welch großflächige Verwirrung und Beklemmnis hätte sich da spontan breitmachen müssen unter dem Volke!
Da ist es nur zu verständlich, dass der Herr Oehmann mal schnell ein kleines Knötlein ins pfeilgrade Raum-Zeit-Kontinuum geschürzt hat, auf dass wir nicht eher zum Schreiben kommen konnten. Wer mag's ihm verdenken? (Und wer ihn nicht bewundern, dass er sowas kann!)
Jetzt freilich ist wieder alles in bester, gewohnter Ordnung, und wir können uns alle erleichtert zurücklehnen und der sonoren Stimme des Hernn Oehmann lauschen, wie er uns rät, was denn diese Woche zu schauen sei.
Und jetzt alle im Chor:
"Samstags Fußball, Sonntag Lindenstraße."

Viel Spaß dabei wünscht Ihnen

Die Artechock-Redaktion

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