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02.09.1999
 
 
   
 

Schau?Spiel?Kunst?

 
Robert De Niro macht sich Gedanken über die Nominierung zur Nationalmannschaft
     
 
 
 
 

Stellen Sie sich vor: Nach den peinlichen Ergebnisse der Fußballnationalelf bei den letzten Spielen, haben die Trainer einige Änderungen in der Aufstellung beschlossen. Zur Nationalmannschaft werden ab nächstem Jahr unter anderem gehören:
Zwei Männer, die noch nie in ihrem Leben Fußball gespielt haben, in einem Trikot aber durchaus professionell wirken; zwei Rockmusiker; ein Kunstturner; zwei Bodybuilder; ein Dressman und Harald Schmidt als Torwart.

Wenn Sie jetzt behaupten, dass diese Vorstellung absolut lächerlich ist, da im internationalen Fußball nur hochbezahlte, jahrelang ausgebildete, schwer trainierende Profis spielen, dann gebe ich ihnen gerne Recht, wundere mich aber gleichzeitig, warum dieselben Eigenschaften nicht grundsätzlich auch auf die Darsteller großer internationaler Kinofilme zutreffen.

Es gibt einem doch zu denken, wenn Filmschauspieler immer wieder den Rang eines Künstlers für sich einfordern und die Realität dann so aussieht dass:
- in diesem Jahre beide Darstellerpreise in Cannes von Laiendarstellern gewonnen wurden
- berühmte Sportler sich nicht mehr mit kleine Rollen in Komödien begnügen, sondern auch größere Rollen in ernsthaften Filmen übernehmen (z.B. Eric Cantona in ELISABETH)
- nicht mehr nur die Stars der Musikindustrie (wie Madonna oder Sting) ins Filmgeschäft drängen, sondern auch relativ unbekannte Musiker (wie Courtney Love oder Lyle Lovett) und der schwarze amerikanische Film ohne seine Darsteller aus der Hip Hop - Szenen gar nicht mehr denkbar ist
- Oprah Winfrey tränenreiche Dramen nicht mehr nur in ihrer Talkshow präsentiert, sondern in solchen jetzt selber mitspielt (MENSCHENKIND)
- es mittlerweile für jedes halbwegs bekannte Modell üblich ist, eine Filmkarriere einzuschlagen

Reden wir nicht davon, dass etwa im neuen STAR WARS manche Roboter und Gummipuppen ihren menschlichen Kollegen die Schau stehlen werden und dass man für einen guten Film zwar immer noch einen Regisseur und einen Drehbuchautor braucht, auf die Darsteller jedoch (z.B. bei Zeichentrick- oder Computerfilmen) verzichten kann.

Das verrückte daran ist jedoch, dass die oben genannten Nebenerwerbsdarsteller ihre Aufgabe meist sehr gut, manchmal sogar brillant meistern, während die Schauspielprofis keineswegs immer eine großartige Darstellung garantieren. Liegt das vielleicht an der Führung durch den Regisseur ? Ein legendärer Dialog von Hitchcock drängt sich dazu auf:
Reporter: Mr. Hitchcock, stimmt es, dass Sie Schauspieler als Rindvieh bezeichnet haben ?
Hitchcock (leicht entrüstet): Nein, das ist nicht wahr ! Ich habe nur gesagt, dass man sie wie Rindvieh behandeln sollte.

Sind die Schauspieler also nur so gut wie ihr Regisseur ? Das kann auch nicht stimmen, da es immer wieder belanglose Filme gibt, in denen es nur einzelnen Schauspielern gelingt, in ihrer Rolle zu glänzen, was selten den ganzen Film rettet, einen jedoch den Verlust des Eintrittsgeldes leichter verschmerzt läßt (wie z.B. in dem schwachen APT PUPIL mit dem großartige Ian McKellen).

Wie im täglichen Leben ist es wohl auch für eine gelungene Schauspielleistung wichtig, als richtige Person, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit, mit den richtigen Menschen zu sein, denn dann kann auch ein Amateur den Schritt vom Darsteller zum Schauspieler machen.
Dieser Umstand sollte die Schauspielprofis nicht weiter beunruhigen, denn ich bin zudem davon überzeugt, dass kein Laiendarsteller jemals den Travis Bickle in TAXI DRIVER so hätte spielen können wie Robert de Niro, kein Ex - Fußballer ein so beängstigender Hannibal Lecter in DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER gewesen wäre wie Anthony Hopkins und kein Modell so beeindruckend wie Cate Blanchett in ELIZABETH hätte sein können.

Michael Haberlander

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