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12.06.1997
 
 
   
 

RECHMANN UND WILLMANN HEBEN AB

 
CON AIR
     
 
 
 
 

RECHMANN: Na, Willmann, schon CON AIR gesehen?

WILLMANN: Ei selbstverfreilich! Da waren wir doch beide in der Pressevorführung. Haben Sie zuviel englisches Rindfleisch gegessen, daß Ihr Erinnerungsvermögen nicht mehr ausreicht, oder ist's der Alzheimer?

RECHMANN: War italienisches Rind, aber egal…; irgendwie soll der Film wohl als "this year's THE ROCK" verkauft werden - aber soooo schlecht ist er nun auch wieder nicht.

WILLMANN: Von wegen "get ready to fly" statt "… to rock", stimmt; aber was heißt da "soo schlecht", Rechmann? - die Grundidee ist doch klasse.

RECHMANN: Grundidee??? Glauben Sie wirklich, daß bei diesem Film eine Grundidee vorlag, Willmann?

WILLMANN: Auf jeden Fall, der Drehbuchautor hat sicher viel gedacht und viel gelacht …

RECHMANN: …der Regisseur hat davon wahrscheinlich nur noch die Hälfte mitgekriegt…

WILLMANN: …und Jerry Bruckheimer hat dann alles voll ernst genommen. Wie käme sonst ein "Put the bunny in the box" in eine ernste Auseinandersetzung zwischen Männern?

RECHMANN: Und zwischen was für Männern! Über einen Mangel an Bösewichten kann man sich bei diesem Film zumindest nicht beklagen. Einer schlimmer als der andere; beinahe ein paar zuviel, so daß dem Einzelnen gar nicht gebührend Aufmerksamkeit zuteil werden kann.

WILLMANN: Obwohl es die Einzelnen verdient hätten, schließlich hat der Film eine tolle Besetzung. John Malkovich ist endlich mal wieder erträglich, anstatt nur zum wiederholten Male lustlos die bekannte Nummer durchzuziehen - und Steve Buscemi stiehlt allen die Show.

RECHMANN: Stimmt, und das, obwohl er sich an keiner einzigen Actionsequenz beteiligt, nur traurig guckt und ab und zu mal einen Satz von sich gibt. Aber Willmann, eigentlich hätte der Film ja eh OVER THE TOP heißen müssen - das wäre dem gnadenlos übertriebenen Charakter des Streifens näher gekommen. Gibt's nur leider schon.

WILLMANN: CON AIR ist ja, anderslautenden Gerüchten zum Trotz, nicht Spanisch für "mit Eiern", obwohl der Film ja wirklich cojones hat -und zwar in Großmarktquantitäten, oder Rechmann?

RECHMANN: Stimmt Willmann, das Testosteron-Level sprengt glatt die Skala. Jede zweite Einstellung sieht aus, als hätte es gegolten, den Weltuntergang zu inszenieren; jedes Gesicht wirkt wie ein Berg, jede Geste wie ein Erdbeben.

WILLMANN: Nur leider versäumt es der Film, seine Prämisse konsequent durchzuziehen und schrittweise zur Eskalation zu treiben; zu früh holt er das Flugzeug auf den Boden und nimmt dem Plot damit die anfängliche klaustrophobische Logik.

RECHMANN: Und außerdem ist man sich nie ganz sicher, ob seine höchst vergnügliche Gratwanderung an der Grenze zur Selbstparodie freiwilliger Natur ist oder nicht.

WILLMANN: Aber andererseits bin ich als alter Cinéast ja mal wieder davon überzeugt, daß das ganze Spektakel so dumm und vordergründig nicht ist.

RECHMANN: Oh nein, Willmann. Nicht die Intellektuellen-Nummer, bitte!

WILLMANN: Oh doch, Rechmann. Es geht nämlich letzendlich in CON AIR um den Kampf gegen das Irrationale, das Unkontrollierbare. Deswegen muß das Finale ja auch in Las Vegas stattfinden.
Und das wirklich Schöne: trotz aller entfesselter Zerstörungswut seitens der Kräfte des vermeintlich Guten trägt am Ende dort das Irrationale den eigentlichen Sieg davon.

RECHMANN: Genau wie in unseren Dialogen, Willmann.

RECHMANN & WILLMANN: Denn bedenket allzeit: There is no Sanity Clause!

Christian Rechmann und Thomas Willmann

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