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zur situation der photographie in münchen: ein interview
new york - paris.
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zur situation der photographie in münchen
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Dr. Ellen Maurer ist als wissenschaftliche Mitarbeiterin
in der Neuen Sammlung tätig. Sie hat die aktuelle Ausstellung
„Horst Schäfer: Architekturphotographie“ für München
mitkonzipiert. Außerdem hat sie das Vorwort einer Begleitbroschüre
zu den Münchner Photoausstellungen dieses Sommers verfaßt.
Artechock wollte von ihr wissen, wie es um die Photographie in
München bestellt ist. Besteht in München ein besonderes Verhältnis zur Photographie? Komisch,
daß, wenn man in Deutschland an Photographie denkt, München
eigentlich an der Peripherie zu agieren scheint, obwohl dort
doch viel passiert. Es wäre Zeit, dies zu ändern; insbesondere,
daß Münchens Angebot besser wahrgenommen wird. Was wird in München für die Photographie getan? Heute gibt es für die Photographie interessante Initiativen in der Stadt: die Danner-Stiftung, der Förderpreis für Photographie, Musealisierung und Institutionalisierung der Photographie nehmen deutlich zu. Tatsächlich ist die Stadt für Künstler ein Anziehungspunkt, auch zur Niederlassung aufgrund der Anbindung zur Industrie und aufgrund der Sponsoren. Daneben gehört die Staatliche Fachakademie für Fotodesign zu den wichtigsten Ausbildungsstätten in Deutschland. Sie konzentriert sich zwar auf angewandte Photographie. Darüberhinausgehend weist sie aber sehr gute Lehrer auf. Für den süddeutschen Raum ist ihre Funktion zentral. Bedeutend sind auch die offiziellen Anerkennungen der letzten Zeit, v.a. die Preisverleihung der Stadtsparkasse an Jeff Wall. Sie öffnete in München den Blick für Künstler, die mit Photographie arbeiten. Es engagieren sich auch speziell für Photographie die Vereinigte Versicherungsgruppe, die Siemens-Kulturstiftung oder die Stiftung Wüstenrot als Förderinstitutionen, die eigene Sammlungen aufbauen. Warum gibt es an der Münchner Kunstakademie keine Professur für Photographie? Daß es in München keine Professur für Photographie gibt, ist auf eine Eigenart der Akademie zurückzuführen, die aus ihrer Geschichte resultiert: Klassische Gattungen überwogen dort schon immer als Orientierungspunkt. Es gibt dort eine Studienwerkstatt unter Dieter Rehm, die jedoch mehr als Übungsforum zur Verfügung steht. Jeff Wall erhielt eine Gastdozentur an der Akademie. Dadurch kam die Photographie in München zu neuen Ehren und an der Akademie zu verstärkter Aufmerksamkeit. Wie steht es um das Ausstellungsangebot in München? Die Galerien
in München zeigen steigendes Interesse, zunehmend kommen
große Wanderaustellungen hierher - nur zeigt sich in München
leider kein dem angemessener Publikumszulauf. Insgesamt ist das
breitgefächerte Angebot aber hervorzuheben: Das Photomuseum
widmet sich der Geschichte und den künstlerischen Ausdrucksformen
der Photographie. Das Deutsche Museum hat sein Augenmerk auf
die Entwicklung der Technik gerichtet. Die Neue Sammlung, das
Architekturmuseum, Schackgalerie, Stuckvilla, Lenbachhaus, Haus
der Kunst, Lothringerstraße, Kunstraum, Kunstverein, Sammlung
Goetz, die Praterinsel - sowohl private, wie auch staatliche
und städtische Einrichtungen - betten Photographie in ihr
Programm ein; auch in der Staatsgemäldesammlung werden entsprechende
Exponate ausgestellt. Zugegeben, in den staatlichen Museen manifestieren
sich neue Medien nur am Rande, das ist noch eine Schwachstelle.
Die ständige Ausstellung von Photographie stellt aber ein
Problem dar: Photographie ist nicht das ideale Objekt für
eine ständige Präsentation, sie ist sehr lichtempfindlich
und sollte klimatischen Bedingungen nicht dauernd ausgesetzt
werden. Kompromißlösungen sind notwendig, eventuell
sollte man mit Doubletten arbeiten. Originale sind oft sogar
für die genaue Betrachtung aufgrund ihrer Größe
und des Erhaltungszustandes nicht einmal so ideal. Welche Rolle spielt die Photographie für die Neue Sammlung? Für die Neue Sammlung bedeutete Photographie zunächst v.a. eine Sammlung von Vorbildern und Anschauungsmaterial für Ausstellungen. Man verfolgte den Werkbund-Gedanken: Photographie als angewandte, zweckgebundene Kunst. Später, nach dem Zweiten Weltkrieg, entwickelte sich die Photographie zum eigenen Sammlungskomplex. Hinsichtlich Austellungen hat man initiatorische Leistungen vollbracht: z.B. wurde 1967 hier die erste Bernd und Hilla Becher-Ausstellung gezeigt. Seit den 80ern wurde Photographie auch zum eigenen Sammlungskomplex. Das Interesse an der Photographie als vermittelndes Medium blieb aber im Vordergrund. | |
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paris horst schäfer: architektur- photographie
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In der Neuen Sammlung haben in loser Reihe bereits mehrere Ausstellungen zu Architekturphotographie stattgefunden, welche die Gattung dokumentarisch oder konzeptionell vor Augen führten. Horst Schäfer ist stärker experimentell geprägt, die Subjektive Photographie kann als Vorbild geltend gemacht werden. Eigentlich kommt er vom Journalismus. Seine Architekturphotos entstanden nebenher. Schäfer vertritt eine Ausprägung der sog. Documentary Photography, im Vorbeigehen fängt er einen Moment aus dem Großstadtbild, gewissermaßen als „pars pro toto“, ein. Das Innovative an seinen Arbeiten ist das abstrakte Detailbild gewesen. Im Detail wird die Struktur oft deutlicher, als in der Gesamtansicht. Spannend ist, daß seine Photos v.a. Fenster zeigen, womit sie in der entsprechenden kunsthistorischen Tradition der Fensterbilder stehen. Im 20.Jh. wurden diese zu abstrakten Formen, zu metaphorischen Gitterbildern. Die vorhergehende Ausstellungstation (Coburg) hat einen Querschnitt des Oeuvres Schäfers gezeigt. Aus dem Kontext der Ausstellungsgeschichte der Neuen Sammlung besteht aber insbesondere Interesse an der experimentellen Komponente, die sich in den Architekturphotos am deutlichsten zeigt. Die Achse New York - Paris soll daher als Quintessenz dessen, was Horst Schäfers Blick ausmacht, verdichtet werden, z.T. mit extra angefertigten Abzügen. Die Bilderabfolge wird durch die Räume gegliedert: New York dient als Auftakt, dort sind all die berühmten Gebäude, die man automatisch assoziiert, versammelt. Starke Abstraktionen bis zum graphischen Muster folgen, die oft sogar unabhängig von Baukörpern, lediglich durch Licht verursacht werden. Daneben gibt es auch Bilder, die Mensch zeigen - aber nur als zusätzliche, in die Architektur eingepaßte Struktur und als Maßstab. Spiegelungen, Gebäude in Gebäuden sind ein weiteres Thema. Dann betritt man eine Art „Gelenkraum“, dessen Aufnahmen das Auge ausruhen lassen, dabei aber unser Amerika-Bild bestätigen. Schließlich begegnet Paris New York, vertreten durch die Stahlgiganten Eiffelturm und Williamsburg Bridge. Im Unterschied zu New York fehlt in Paris Schäfers persönlicher Bezug zur Stadt, was sich an den Bildern manchmal bemerkbar macht. Außerdem verschmilzt zwar im Zentrum von Paris die Moderne mit dem historischen Bestand, La Défense aber gibt seine Künstlichkeit preis. Und doch kann man Strukturen, die man aus N.Y. kennt, in Paris wiederfinden. Obwohl Horst Schäfer in erster Linie intuitiv vorging, gab er sich von einem Photographen sehr beeindruckt: von Andreas Feininger - der wahrscheinlich schon nächsten Sommer in der Neuen Sammlung wiederentdeckt werden kann. |
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