0 0 1      0 7 0 6 1 9 9 7
magazin


Carl Philipp Fohr - Ein frühvollendeter Romantiker

Carl Philipp Fohr (1795-1818) gehört zu den bedeutendsten Künstlern der deutschen Romantik. Seine schönsten Federzeichnungen und Aquarelle sowie drei der sieben bekannten Gemälde sind noch bis zum 20. Juli im Haus der Kunst zu sehen.

22-jährig beim Baden im Tiber ertrunken, gilt Fohr heute als der Inbegriff des "frühvollendeten Künstlers". Fohr betätigte sich während seines kurzen, nur knapp acht Schaffensjahre umfassenden Lebens vorwiegend als Zeichner. Sein künstlerisches Werk besteht aus insgesamt rund 700 Zeichnungen. Den umfangreichsten Bestand an Werken dieses Künstlers besitzt mit 338 Zeichnungen und Aquarellen das Hessische Landesmuseum Darmstadt.

Der überragende künstlerische Rang dieses Romantikers sowie der 200. Geburtstag des Künstlers 1995 boten den willkommenen Anlaß, die Werke Fohrs in Darmstadt zu sichten, wissenschaftlich zu bearbeiten und in Auszügen auszustellen. Für diese Ausstellung, die nun auch in München zu sehen ist, wurden 80 der schönsten Werke ausgewählt. Viele dieser Arbeiten wurden vorher noch nie ausgestellt. Die Besucherzahl von bisher etwa 6.100 Personen übersteigt die Erwartungen der Ausstellungsmacher.

Der in Heidelberg geborene Künstler erhielt bei dem Universitätszeichenlehrer Friedrich Rottmann seinen ersten Zeichenunterricht. Bereits 1810 entdeckte ihn der Darmstädter Maler und Kunstagent Georg Wilhelm Issel und lud ihn nach Darmstadt ein, wo er ihn durch die Vermittlung von Aufträgen förderte. Über ihn konnte der junge Künstler auch Kontakte zum Darmstädter Hof, besonders der Erbprinzessin Wilhelmine von Hessen, geb. Prinzessin von Baden, knüpfen. Sie entwickelte sich im Laufe der folgenden Jahre zu seiner Gönnerin. Ihre Unterstützung ermöglichte Fohr 1815/16 ein Studium an der Münchner Akademie. Die Ferien nutzte er zu einer ersten Italienreise, die ihn auf den Spuren Albrecht Dürers über Tirol nach Venedig führte. Seine Eindrücke hielt er in zahlreichen Zeichnungen und Aquarellen fest. Erst nach seiner Rückkehr aus Italien unternahm er erste Versuche in der Ölmalerei. Im Herbst 1816 ermöglichte die Erbprinzessin Fohr einen längeren Aufenthalt in Rom. Ein Auftrag durch den bayerischen Kronprinzen Ludwig, dessen Bekanntschaft er während dieser Zeit machte, gab Ausblick auf die Verlängerung seines Italienaufenthaltes. Ludwig verhieß ihm eine große Zukunft als Maler, doch am 29. Juni 1818 kam der junge Künstler auf tragische Weise ums Leben. Seine Malerfreunde betrauerten in ihm den vielversprechendsten jungen Künstler seiner Zeit.

In seinen Werken spiegeln sich die verschiedenen Lebensstationen Carl Philipp Fohrs. Den Schwerpunkt der Münchner Ausstellung bilden Zeichnungen und Aquarelle mit Ansichten der Burgen im Odenwald und am Neckar sowie die Landschaften des Schwarzwaldes. Daneben sind auch frühe Genredarstellungen, "altdeutsche" und zeitgenössische "Historiendarstellungen" zu sehen. Eher Ausnahmen stellen Bildniszeichnungen seiner studentischen Freunde in Heidelberg und der Mitglieder der deutschen Künstlerkolonie in Rom dar. Eine Lieblingsfigur im Werk des jungen Romantikers ist sein treuer Hund namens Grimsel, der vor allem auf den Blättern der Italienreise auftaucht.

In Fohrs Werk zeichnet sich die nach 1800 einsetzende zunehmend nationalistische Gesinnung der Romantik deutlich ab. Im Gegensatz zur progressiven Universalpoesie, welche noch die Frühromantiker angestrebt hatten, machte sich nach der Jahrhundertwende der allgemeine Wunsch nach kultureller und politischer Einheit Deutschlands auch in der Kunst bemerkbar. Die Rückbesinnung auf das Mittelalter, als es nach Ansicht der Romantiker zuletzt eine Reichseinheit gegeben hatte, führte zu einer Verherrlichung des Rittertums. Bei Fohr findet diese Tendenz Ausdruck in den zahlreichen Darstellungen der Burgen seiner Heimat sowie Szenen aus Werken wie dem "Nibelungenlied" und Goethes "Götz von Berlichingen". Die enge Beziehung der romantischen Maler zur deutschen Literatur ist auch in Motiven zu finden, die z. B. auf Tiecks "Reymund und Melusine" zurückgreifen.

Während seiner Münchner Zeit begeisterte sich Fohr für die Landschaftsauffassung von Joseph Anton Koch, die eine intensive Auseinandersetzung mit diesem Genre bewirkte. Johann David Passavant, Förderer Fohrs in Rom, schrieb in seinen 1820 erschienenen "Ansichten über die bildenden Künste" über ihn: "Wenige Künstler hat es je gegeben, welche mit einer so reichen Phantasie einen so großen Sinn für Formen und Farbe, und einer solchen Leichtigkeit begabt waren, die Natur in ihrem Charakter so lebendig aufzufassen und mit der größten Meisterschaft darzustellen..."

Grundmotiv der Landschaftskunst bei Fohr bildet das Ineinander des von Menschen Gebauten und des Gewachsenen, von geschichtlichem Relikt und Natur. Mit den Aquarellen des sogenannten "Neckarskizzenbuchs" schuf er etwas gänzlich Neues, indem er historisch bedeutsame Landschaften mit figürlichen Historien verband. Er versteht Landschaft als Ort geschichtlicher Taten, wobei die Burgruine als geschichtliches Relikt in der Landschaft auftaucht. Fohr beschäftigete sich mit der Geschichte dieser Burgen und der dazugehörigen Sagen- und Märchenwelt. Seine Phantasie läßt die Ritterburgen die Gestalten ihrer einstigen Bewohner lebendig werden.

Der zur Ausstellung erschienene Katalog erfaßt die gesamte Sammlung des Hessischen Landesmuseum Darmstadt und bietet einen erweiterten Einblick in das Werk des jungen Romantikers.

Friederike Gaa





galerien und museen
in muenchen

berichte, kommentare,
stellungnahmen

meinungen,
thesen, aktionen

kulturinformation
im internet