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besprechung
theo van doesburg - maler, dadaist, de-stijlist....
theo van doesburg: maler-architekt

eine ausstellung in der der villa stuck
von 26.10.2000 bis 14.01.2001

In den neu eröffneten Räumen der Villa Stuck ist derzeit die Ausstellung des Maler-Architekten Theo van Doesburg (1883-1931) zu sehen. Bereits der Neubau ist sehenswert. Hatte man sich in der Villa Stuck doch daran gewöhnt, daß jede Ausstellung - und war sie noch so modern - von den historischen Räumen Franz von Stucks vereinnahmt wurde, ist hier nun ein ganz modernes Museum entstanden. Schon die großzügige Eingangshalle macht den altmodischen Symbolismus Stucks vergessen, und verleiht dem Haus einen Hauch von zeitgenössischer Architektur.
Der modernen Architektur steht der eher konventionelle - aber durchaus sinnvolle - chronologische Rundgang durch die Ausstellung entgegen. Der erste Raum zeigt Zeichnungen van Doesburgs, hauptsächlich aus dem Jahr 1915 - offenbar eines seiner produktivsten. Neben figürlich-naiver und experimentieller Grafik macht sich schon im ersten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts Doesburgs abstrakte Formensprache bemerkbar. Einige Zeichnungen zeigen klar den Einfluß Kandinskys oder Paul Klees, andere machen deutlich, daß van Doesburg schon früh nach ganz eigenen Wegen suchte, von denen er einen spätestens um 1916/17 kontinuierlich einschlug: abstrakte Formen in miteinander harmonisierenden Farben und klaren Kompositionen.

   
doesburg, als maler-architektl


Der zweite Raum zeigt zahlreiche Architekturentwürfe, die in Innen- und Außendarstellungen bereits die Gliederung der farbigen Kompositionen späterer Gemälde aufnehmen. Eine Reihe von Entwürfen zu sog. Mittelstandswohnungen demonstrieren die enge Verbindung von Malerei und Architektur in Doesburgs Werk: Türen, Fenster und Wandfelder stehen hier für die rechteckigen, buntfarbigen Elemente in seinen Gemälden. Die Architekturentwürfe ziehen sich dabei auch durch die ganze Ausstellung, wobei oft leider nicht kenntlich gemacht ist, was von den Entwürfen tatsächlich verwirklicht wurde, und was bloße Idee blieb. Verwirklicht hat Doesburg auf jeden Fall sein eigenes Künstlerhaus, ein als Kubus gehaltener Wohnblock in Meudon, Südfrankreich. Einmal mehr zeigt sich hier die Vielfältigkeit des gebürtigen Holländers, weil Doesburg zu der Malerei und Architektur auch Möbel entworfen hat sowie die gesamte Innenausstattung. Die Möbel zeigen oft Anklänge an den Funktionalismus des Bauhauses, so ist etwa ein hinreißender Hocker in der Raummitte an Einfachheit und edler Form kaum zu übertreffen!

   
dada und de-stijl

Bevor es auf der Wendeltreppe ins obere Geschoß geht - im übrigen vor allem für schwindelfreie Menschen -, ist ein Zwischengeschoß dem unbekannten Doesburg gewidmet, nämlich Doesburg dem Dadaisten. Doesburg vertrat die Gruppe Dada in Holland und entwarf als Dadaist zahlreiche Schriftstücke und Collagen. Hier mag die Ausstellung ungleich gewichtet sein, aber man erhält den Eindruck als wäre Doesburg mit Dada viel stärker verbunden gewesen als mit der De-Stijl-Gruppe, die man normalerweise mit ihm verbindet. Überhaupt scheinen die Anklänge an Mondrian, der einem zu De-Stijl und van Doesburg zwangsläufig einfällt, viel geringer, als zunächst vermutet. Das Image von Theo van Doesburg als Mondrians kleiner Bruder versucht die Ausstellung offensichtlich zu widerlegen. Verfolgt man Doesburgs Werk von Anfang an, wird auch deutlich, daß der Künstler seinen holländischen Kollegen kaum nachgeahmt hat, sondern vielmehr auf anderem Weg zu ähnlichen Ergebnissen gelangt ist.
Im obersten Geschoß des neuen Traktes sind schließlich die Gemälde Doesburgs zu sehen, die mit der Malerei Mondrians ebenfalls nicht in Einklang zu bringen sind. Wunderschöne Frühwerke (Mädchen mit Ranunkeln, 1914 - was sind denn nur Ranunkeln?) stehen hier neben Kompositionen, die den Schritt vom Figürlichen zur Abstraktion überdeutlich machen. Das Verschwinden der Personen auf den abstrakten Kompositionen war nicht nur naheliegend, sondern die einzig mögliche Schlußfolgerung, wollte man sich vom bloßen Naturabbild abwenden, um zu anderen malerischen Lösungen zu gelangen.
Weniger gelungen scheinen Doesburgs Glasmalereien, die ebenfalls die harmonischen Farben und Kompositionen seiner Gemälde und Architekturen zeigen. Aber trotz (oder gerade wegen) der einfachen Farbfelder hat man das Gefühl, daß diese Art der Malerei eine annähernd sakrale Stimmung nicht wiedergeben kann. Den Abschluß der Ausstellung bilden schließlich erneut Architektur- und Malereientwürfe, zu denen der Unterhaltungskomplex L'Aubette in Straßburg zählt, eines der größten Projekte van Doesburgs. Auch hier ist nicht ganz klar, was tatsächlich verwirklicht wurde, und was über den Entwurf nicht mehr hinausging: Einige Wandmalereien führte Doesburg wohl zusammen mit Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp aus, vieles blieb aber offenbar nur auf dem Papier. Vielleicht spiegelt sich gerade in diesen Entwürfen das Schicksal des Malers: Zu Vieles wurde angedacht, zuwenig ausgeführt.

christine walter



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