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neues bekanntes von jeff wall

neue arbeiten von jeff wall

galerie schöttle


Wieder einmal werden in der Galerie Schöttle Arbeiten von Jeff Wall gezeigt.
Wall, der zuletzt in München mit einer großen Retrospektive Ende ´96 bis Anfang ´97 im Kunstbau des Lenbachhauses zu sehen war, präsentiert jetzt vier neuere Arbeiten.
Die Befürchtung mancher Künstler, nicht mehr durch ihre einzelnen Arbeiten zu beeindrucken, sondern ihren Namen nur noch Verbindung mit einem ihnen eigenen Stilmerkmal zu hören, scheint im Falle Jeff Walls bereits zuzutreffen. Die gängige Bezeichnung "Leuchtkastenkünstler" konnte auch durch die erst auf der Documenta präsentierten u.a. großformatigen, schwarz-weißen Bildinszenierungen, die diesmal nicht auf Leuchtkästen aufgezogen waren, kaum abgeschüttelt werden.

Die jetzigen Werke arbeiten wieder mit dem altbekannten Prinzip der Leuchtkasteninszenierung und kehren zur Farbe zurück, falls von einer "Rückkehr" hier gesprochen werden kann, da die ebenfalls auf der Documenta ausgestellten "Sunflowers" in unveränderter Manier neben den "neuen", jedoch enger an die Tradition der Photographie anknüpfenden Werke bestanden.

"a villager from aricaköyu arriving in mahmutbay"

Die derzeit ausgestellten Arbeiten wirken vertraut, von der Technik wie von den Themen her, wie z.B. das großformatige "A Villager from Aricaköyu arriving in Mahmutbay". Beherrscht wird dieses Bild von einer weitläufigen Landschaft, die durch die Zivilsation vereinnahmt wird. Stets gleichförmige Gebäudereihen schließen sich aneinander, wobei das Auge von der für uns ungewohnten islamischen Bautradition geprägten Gebäude irritiert wird. Ein einzelner Mensch erscheint winzig klein vor dieser Natur-Architektur-Landschaft auf einer staubigen Straße.
Das Fremde einer anderen Kultur erscheint hier in einer uns doch auch wieder geläufigen Vorortsituation, wird in Vetrautes integriert. Die Darstellung der Situation selbst, des Ankömmling in einer unbekannten Umgebung, spiegelt zudem das Thema der Fremdheit wieder.
Bekannt sind uns diese gestellten Szenen von Wall, die durch ihre auf den zweiten Blick zu entlarvende Künstlichkeit inhaltlich aufgeladen werden, die einen bestimmten Spannungspunkt einer fiktiven Handlung zeigen.

"just washed"

Die Arbeit "Just Washed" nimmt ebenfalls eine bereits bekannte Vorgehensweise auf, die nicht eine nur scheinbar momenthafte Situation wiederzugeben versucht, sondern ein in sich abgeschlossenes, an das Stilleben erinnerendes Arrangement zeigt, wie z.B. die bereits erwähnten "Sunflowers".
Ein gerade aus dem Trockner gezogener Lumpen, ähnlich einer Waschmittelreklame, wird dem Betrachter präsentiert, doch zeigt sich der Lumpen nicht strahlend-weiß, sondern ziemlich schmutzig.

"a partial account"

Sehr interessant, weil ungewohnt, ist die Arbeit "A Partial Account". Hier stehen sich zwei breitgestreckte Leuchtkästen gegenüber, die kein Panorama, keinen extrem weitwinkligen Blick erlauben, sondern in einzelne Bildteile untergliedert sind, ähnlich einer Bildergeschichte. Verschiedene Darsteller treten in diesen städtischen Szenerien auf, verschwinden wieder, tauchen in neuer Personenkonstellation wieder auf. Der Betrachter sucht Verbindungen, versucht anzuknüpfen, doch werden seine detektivischen Bemühungen durch unterbrechende, gleißend überbelichtete und dadurch nicht zu entziffernde amateurhafte Aufnahmen durchkreuzt.
Hier wird das Prinzip der Arbeiten Walls am deutlichsten: Läßt man sich auf die innere Handlung seiner Bilder ein und versucht, die Geschichte darin zu finden, wird man immer wieder durch die Künstlichkeit der Arrangements daran gehindert, das vermeintlich Reale darin zu entdecken. Doch gerade diese Künstlichkeit ist es, die durch ihre extreme Deutlichkeit den Betrachter auch wieder anzieht, ihn in das Bild einlädt. In „A Partial Account“ wird diese Vorgehensweise noch unterstrichen. Man möchte den Ablauf der Szenen herausfinden, bekommt aber im entscheidenden Augenblick gesagt: "Ätsch - bloß Photographie".
Wie immer macht es Spaß, Jeff Wall auf den Leim zu gehen.

(Noch bis zum 14. März in der Galerie Schöttle, Martiusstr.7. Geöffnet Di-Fr 14-18°°, Sa 11-14°° und nach telefonischer Verienbarung. Tel.: 342296)

iris wehn



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