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besprechung
heißer rauch
neo rauch - randgebiet

eine ausstellung im haus der kunst
von 16.03.2001 bis 20.05.2001

Bilder gucken - die bisher umfassendste Ausstellung zum Werk Neo Rauchs, einem der meist-gehypeten Vertreter der zeitgenössischen deutschen Malerei, im Haus der Kunst stellt einen Gegenpol zur flirrend-schnellen, herausfordernd sinnesreizenden, ideenbefrachteten (neuen) Medienkunst dar. Die großzügig in den nüchtern-weißen Räumen verteilten großformatigen Exponate scheinen auf den ersten Blick leicht rezipierbar: Szenerien in starken Farben - oft reduziert auf reines, leuchtendes Rot, Blau, Gelb und Grün -, zu Typen erstarrte monumentale Figuren, meist muskelbepackte, strenggescheitelte Männer, die in Industrielandschaften exakt geregelten Arbeiten ohne jeden überflüssigen Handgriff nachgehen. Die so wenig romantischen, einsilbig-prägnanten Titel der Bilder - "Werkschutz", "Mittag", "Front" oder "Übung" -, die teilweise in Sprechblasen eingefügt sind, unterstreichen den plakativen ersten Eindruck.

zwischen comic-strip und sozialistischem realismus

Schon diese Ästhetik zwischen Comic-Strip und sozialistischem Realismus besitzt eine oberflächliche Anziehungskraft. Doch es geht um mehr als Retroschick oder N-ost-talgie. Die Darstellung "erzählerischer Sachverhalte" bezeichnet Neo Rauch selbst als eines seiner Hauptanliegen. Seine Jugend, sein "künstlerisches Erwachen" im letzten Jahrzehnt der ehemaligen DDR mögen die Ikonographie mit beeinflußt haben - trotz dichter Vegetation künstlich und trotz der Figuren verlassen wirkende Plätze; scheinbar fleißige Produktion verschleiert den schleichenden Verfall. "Dienstleistung" wird zwar angeboten, aber nicht wahrgenommen. Der "Störungsfall" wird geprobt, aber wofür? Aber auch die Deutung als "Abgesang" auf die sozialistische Planwirtschaft ist zu einfach.



Die Zeichen der Vergänglichkeit von "Menschenwerk" werden durch die Mittel der Malerei thematisiert und rücken das Medium selbst in das Zentrum der Auseinandersetzung: Paletten, Pinsel, Staffeleien sind, oft als zusammenhanglos eingestreute Symbole, Teil der handwerklichen Szenen. Farben verblassen, Unterzeichnungen sind sichtbar, Perspektiven verschoben. Aus den Bildern, die erst den Charme einer Gebrauchsanweisung vermitteln, entwickeln sich bei längerer Betrachtung Traumsequenzen, Märchen, surrealistische Geheimnisse. Wie der Golem tritt auf einem Gemälde die "Malerei" aus einem Schaukasten, ein gesichtsloses Monster im Schutzanzug, begutachtet von Experten, deren Schatten sich wiederum "verflüssigen". "Es muß auf ein Bild hinauslaufen, nicht auf ein Gemälde", so Rauch auf die ihm oft gestellte Frage, warum er überhaupt male. Letztendlich soll ein unlösbares Rätsel bleiben, das nicht nur die Produktion und Rezeption von Kunst zum Thema hat.

tina fröhlich



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