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besprechung
förderpreise 1999
nominierung der förderpreisträger förderpreisvergabe in der lothringer straße

eine ausstellung in der lothringer straße
von 16.03.1999 bis 18.04.1999

Hollywood hat seine Oscar-Verleihung, München hat die Vergabe der Förderpreise. Jede Stadt nach ihren Möglichkeiten.
Wie jedes Jahr findet in der Lothringer Straße anläßlich der Vergabe von mehr oder weniger hoch dotierten Förderpreisen eine Ausstellung mit den Arbeiten der Kandidaten aus den Bereichen Bildende Kunst, Neue Ausdrucksformen im Bereich Bildende Kunst, Fotografie, Angewandte Kunst und Architektur statt. Das Kulturreferat der Stadt München bietet damit "dem interessierten Kunstpublikum Einblick in das Bewerbungs- u. Vergabeverfahren sowie in das Schaffen zeitgenössischer, junger Münchner Künstler und Künstlerinnen."
Der Einblick in das Vergabeverfahren bleibt zwar eigentlich verwehrt (wer ist die Jury, nach welchen Kriterien hat sie ausgewählt?), dafür wird ein Überblick geschaffen über Namen, die man sich teils der Qualität teils der guten Beziehungen wegen die nächsten Jahre merken sollte.
Der Qualität wegen sollte man sich unbedingt die Namen Wolfgang Mayer, Doris Maximiliane Würgert, Zoltan Jokay, Amelie von Wulffen und Henriette Schuster merken (die Architektur sei hier mal ausgelassen, aufgrund mangelnder Urteilsfähigkeit der Autorin).
Vor allem der schwarze Kubus von Wolfgang Mayer gehört zu den Überraschungen der Ausstellung. Der Kubus, der in seiner Erscheinung völlig unauffällig ist, macht dadurch auf sich aufmerksam, daß er einen tiefen, pochenden Ton in den Raum wirft, der gleichermaßen verwirrt und beruhigt. Wie ein Herzschlag, dessen Herz der Betrachter nicht orten kann oder Techno-Musik, die über sich selbst nicht hinauskommt.
Verwirrung scheint im übrigen zum Arbeitsprinzip vieler Künstler zu gehören, insofern, daß sie den Betrachter mit der Kunst ganz alleine lassen. Die wenigsten Werke erklären sich aus der bloßen Anschauung und es scheint überdies nicht zum guten Ton zu gehören, dem Betrachter und sei es nur anhand eines Titels einige Hilfen mitzugeben. Da kann auch die normalerweise leichter zugängliche Fotografie nicht drüber hinwegtäuschen (Enno Kapitzas und Robert Paulus' Bilder etwa lassen viele Fragen offen. Bildmotive wie der Goldfisch und der Stierkampf lassen sich auch beim allerbesten Willen nicht zusammenbringen und schüren den Verdacht der Konzeptlosigkeit).
Während wir im Bereich Angewandte Kunst diese Erklärungen natürlich weniger brauchen (der Schmuck von Henriette Schuster ist hinreißend und lustig zugleich), sind sie bei Raum- und Videoinstallationen doch unerläßlich. Ist das mit Mädchenattributen gespickte Zimmer von Pia Lanzinger jetzt nur ein plumper Hinweis auf die gern zitierte Gender-Debatte oder läßt sich hier vielleicht noch mehr draus lesen. Auch die Arbeit von Eva Ruhland kann nicht verstanden werden, solange der Betrachter nicht einmal weiß, daß er in die Arbeit selbst aktiv eingreifen kann, ein Hinweis der leider fehlt. Das mangelnde Erklärungsbedürfnis ist vielen Arbeiten vorzuwerfen, zumal es auch keinen Katalog gibt, über den sich das ein oder andere nachlesen lassen könnte.
Angesichts solcher Ratlosigkeit gewinnt natürlich wieder die Malerei, die ungleich bescheidener auftritt, dafür aber um so besser im Gedächtnis bleibt. Hier sind besonders die beiden Bilder von Doris Maximiliane Würgert hervorzuheben, die zwar den unauffälligsten zugleich aber besten Platz im Raum haben. Die Bilder haben sich eine Nische gesucht, in dem wilden Durcheinander von Malerei, Architektur und Fotografie.

Natürlich sind in der Lothringer Straße auch Lieblinge der Münchner Kunstszene zu finden, dazu gehören etwa Ursula Rogg oder Andreas Hofer. Rogg, die im letzten Jahr häufiger in München ausgestellt war, u. a. auch in der Lothringer Straße, zeigt Altbewährtes, großformatige Fotografien aus dem Bereich Medien- und Sozialkritik. Hier bleibt vor allem die Frage zu klären, warum die Bilder für den Förderpreis Bildende Kunst und nicht für die Fotografie nominiert sind.
Aber ähnlich geht es ja auch in Hollywood zu, die Nominierung zum besten Nebendarsteller oder zum besten Hauptdarsteller, zum bester Film oder zur besten Regie ist angesichts der Verleihung auch nur zweitrangig; Hauptsache man ist dabei und trägt im günstigsten Fall die kleine Goldfigur mit nach Hause.

christine walter



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