magazin


08|04|2003

besprechung
Kunstwerke zum Mitnehmen
Ein Besuch in der städtischen Bildleihstelle Artothek

artothek

galerie und kunstverleih
st. jakobsplatz 15 (ignaz-günther-haus) demnächst in den
arkaden im rosental


geöffnet
mi und fr 14-18:00
do 14-19:30
sa 9-13:00


 

In mehreren Reihen, Rahmen an Rahmen, lehnen sie an der Wand des niedrigen, verwinkelten Raums. Rumpelkammeratmosphäre. Welche kleinen und größeren Schätze es heute wohl zu entdecken gibt? Den Konservatoren der großen Museen wäre wahrscheinlich sehr unwohl bei dem Gedanken. Besucher kommen und blättern die Bilder durch, entscheiden sich für eines oder mehrere Arbeiten, die sie gegen eine moderate Gebühr mit nach Hause nehmen dürfen. Mitunter schnallt jemand das ausgeliehene Kunstwerk dann auf seinen Gepäckträger und radelt damit davon. Die Mitarbeiter der städtischen Bildleihstelle Artothek, die 1986 im historischen Ignaz-Günther-Haus gegenüber vom Münchner Stadtmuseum eingerichtet wurde, sehen es gelassen. Durch die stabilen Rahmen sind die Werke recht gut gegen Beschädigung geschützt. Außerdem handelt es sich beim Leihbestand der Artothek in der Mehrzahl um Grafiken und Fotografien, die gerahmten Arbeiten bieten weitaus weniger Angriffsfläche als die klassische Malerei auf Leinwand. Den unverkrampften Umgang der Kunden mit der Kunst zu fördern, ist erklärtes Ziel der Artothek. Das Chaos ist dabei Methode. So ist die Präsentation der Werke darauf angelegt, sich vom eigenen ästhetischen Gespür leiten zu lassen. Auf eine alphabetische oder systematische Erschließung der Bestände für den Besucher wurde bewusst verzichtet. Der optische Eindruck entscheidet, welches Werk mitgenommen wird, und nicht in erster Linie der Name des Künstlers oder der Künstlerin, der neben der Inventarisierungsnummer rückwärtig auf den Bildern vermerkt ist.

   
kunst privat


Bei Kunstausstellungen ist man meist mit einer großen Anzahl von Arbeiten konfrontiert, was das Aufnahmevermögen der meisten Besucher überfordern dürfte und auch zu einer entsprechend kurzen Verweildauer vor den einzelnen Werken führt. Was passiert aber nun, wenn man ein Kunstwerk mit nach Hause nehmen kann? Wenn der Betrachter dem Bild ausgeliefert ist, er täglich zum Hinschauen gezwungen wird? Vielleicht gewöhnt er sich so sehr daran, dass er es nach einiger Zeit gar nicht mehr bewusst wahrnimmt. Oder aber das Bild verändert sich unter seinen Blicken, so dass immer wieder neue Aspekte ins Auge stechen. Den Nutzern der Artothek ist wahrscheinlich beides schon passiert.

   

förderung regionaler kunst



Kunst für breite Bevölkerungsschichten zugänglich zu machen, unabhängig von deren finanziellen Möglichkeiten und das in den eigenen vier Wänden – darin manifestiert sich eine der Hauptideen der Münchner Artothek. Die Ausleiher können unter rund 1500 Werken wählen. Da sich die Einrichtung einer regen Nutzung erfreut, ist jedoch nur etwa die Hälfte der Bilder in der Artothek anzutreffen. Der Rest ist in der Regel in Umlauf. Die Sammlung der Artothek wird seit 1986 durch jährliche Ankäufe kontinuierlich ausgebaut. Obwohl die Sammlung auch einige Arbeiten international renommierter Künstler wie beispielsweise Joseph Beuys oder Andy Warhol beherbergt, lag das Hauptaugenmerk der Ankäufe darin, die künstlerische Produktion vor Ort zu fördern. Das ist bis heute so geblieben. Der Ankauf von Werken seitens der Artothek ist zunächst vielleicht nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die Künstlerförderung der Artothek geht jedoch darüber hinaus. Wenn einem Kunden ein bestimmtes Werk besonders gut gefallen hat, helfen die Mitarbeiter gerne, den Kontakt zum Produzenten herzustellen, Atelierbesuche zu vermitteln. Auf diese Weise sind schon einige Nutzer der Artothek vom Ausleihen zum ersten eigenen Kunstwerk gekommen. Johannes Muggenthaler, der Leiter der Artothek und seine Mitarbeiterin Alix Stadtbäumer sind nebenbei selbst künstlerisch tätig. Sie wissen, wie wichtig es gerade für junge Künstler ist, ein Publikum zu finden. Durch Themenausstellungen oder auch Einzelpräsentationen bieten sie in den Räumen der Artothek ein Forum für Kunst und Kultur.

   

neue räume für die artothek

Bald werden für die Präsentation der Sammlung, die Ausstellungen und das begleitende Programm noch bessere Rahmenbedingungen geschaffen, denn die Artothek zieht in den kommenden Wochen unter das Dach des Stadtmuseums. Die neuen Räumlichkeiten in den Arkaden, die sich zum viel frequentierten Rosental hin öffnen, werden gewiss noch den einen oder anderen Kunstinteressierten anlocken.

Voraussetzung für die Ausleihe in der Artothek ist der Wohnsitz im Raum München. Die Leihfrist beträgt einen Monat (Euro 2,60 / Bild), zwei Monate (Euro 5,10 / Bild) oder vier Monate (Euro 10,20 / Bild). Die Leihgebühr enthält zugleich eine Versicherung der Werke.

andrea hartmann
paulina palomino


email
impressum


kunst in münchen

berichte, kommentare,
archiv

kulturinformation
im internet