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Personal Panels

285 12|08|2003

besprechung
schöner wohnen mit andrea zittel

kunst und alltag in der sammlung goetz

18.5. bis 8.11.2003 in der
sammlung goetz

"Designs for living" nennt Andrea Zittel die Objekte, die sie unter dem Logo A-Z Administrative Services seit den frühen 90er Jahren entwickelt. Die Gegenstände werden durch diese Etikettierung nicht nur vordergründig aus dem Kunstkontext in den des alltäglichen Gebrauchs überführt, sondern sind durch die Künstlerin im Zuge eines Effizienzbedürfnisses selbst erprobt worden. Erst im Nachhinein werden die Objekte zu Museumsstücken und sind aufgrund dessen als Teile eines umfassenden Programms der Konzeptkünstlerin Zittel zu bewerten.

   
Prototype A-Z Dishless Dining Table, 1993; A-Z Clocks, 1994

Die Einzelausstellung in der Sammlung Goetz eröffnen die zwischen 1995 und 1998 entstandenen Personal Panels. Schlichte, aber edel gearbeitete, kittelähnliche Kleider, drapiert auf schlichten Schneiderpuppen. Unterschiedliche Stoffe, jedoch immer der gleiche Schnitt - als kühles Rechteck wird es an der Wand zum Bild mit geometrischem Muster ("Panel"). In einer Skizze verdeutlicht Zittel eine weitere Verwendungsmöglichkeit: hier dient einer der Kittel als Tischdecke. Mehr noch ist diese Zeichnung als Hinweis für den Besucher zu deuten, die gezeigten Objekte als flexibel in ihren Gebrauchsmöglichkeiten zu sehen.

Bewahrt man sich diese Offenheit, werden die im nächsten Raum ausgestellten Werke schnell mit möglichen Verwendungsideen besetzt: Hat man es bei dem blank polierten Edelstahlgebilde mit einer Vase, einem Spucknapf, einem Nachttopf oder einer Klangschale zu tun? Die an Wand und auf dem Boden ausgebreiteten Teppiche markieren in ihren Farbflächen Bett und Nachttische, Tischfläche, Stühle und Platzdecken. Zittel entwarf diese Objekte aus der Not heraus, sich in einem engen New Yorker Appartment einrichten zu müssen. Hinter ihren Entwürfen steckt der Wunsch nach Vereinfachung und Optimierung, ebenso wie das Nachdenken und Experimentieren, was man eigentlich tatsächlich braucht und ob nicht manchmal weniger mehr sein kann.

   
A-Z Cellular Compartment Units Customized By Sammlung Goetz, 2002

Während bei den Personal Panels Zeitersparnis (die allmorgendliche Frage: Was soll ich anziehen?) und eine finanzielle Einschränkung für die Entwicklung der Kleidung entscheidend war, ist eine optimierte Ausnutzung des Lebensraumes bei der Idee der Teppiche entscheidend. Einen weiteren Aspekt der Reduktion lassen die im Untergeschoss aufgestellten Tische erkennen. Anstelle von Tellern finden sich bei den A-Z Dishless Dining Tables Vertiefungen in den Tischplatten. Wie benutzerfreundlich diese Objekte tatsächlich sind, bleibt hier unbeantwortet.

Während die kleineren Objekte bereits Teil der Sammlung Goetz waren, ist mit der A-Z Cellular Compartment Units Customized By Sammlung Goetz eine größere Arbeit eigens für die Ausstellung entstanden. Im engen Austausch mit der Sammlerin Ingvild Goetz und unter Berücksichtigung ihrer Wünsche hinsichtlich Struktur, Ausstattung und Funktion der Räume wurde die sechs kleine Räume und einen Steingarten umfassende Wohneinheit entwickelt. Ein Anliegen der Künstlerin: die Auftraggeberin möge die Compartment Units über einen gewissen Zeitraum auch selbst bewohnen. Wieder ist räumliche Beschränkung das Thema. Aus der Reduktion wird stets ein Nutzen gezogen - in den Wohnsegmenten fallen im Sinne einer Klausur körperliche Eingeschlossenheit und geistige Meditation zusammen.

   
A-Z Dining Room Carpet, 1997

Eine weitere Arbeit, genannt Free Running Rhythms and Patterns, entstand aus einem Selbstversuch, den die Künstlerin unter der Fragestellung durchführte, inwieweit sich einengende Zeitstrukturen umgehen lassen. Tagebuchartig auf Tafeln festgehalten ist das Protokoll einer Woche, in der die Künstlerin, abgeschottet von äußeren Licht- und Geräuschquellen, ohne Hinweise auf den Ablauf der Zeit, in ihrer eigenen Zeit lebte.

Für den Besucher muss die Auseinandersetzung mit den Objekten Andrea Zittels nicht im Museum zu Ende sein: alle Objekte sind Auflagenwerke und käuflich zu erwerben.

paulina palomino

andrea hartmann


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