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271 25|03|2003 |
besprechung |
zwischen traum und wachzustand |
Wie eine undeutliche Reflexion zeichnen sich die Schwarz-Weiß-Bilder einer Landschaft auf der Wand ab. Im Blickfeld eine Aussichtsplattform, sonderbar verschlungene Wegformationen in der Tiefe sowie ein Junge, der das Fernrohr auf etwas gerichtet hat, das unserer Sicht entzogen bleibt. Die handlungsarme, fast schon meditativ anmutende Szenerie verdichtet sich nach einiger Zeit auf rätselhafte Weise: Weitere Personen passieren den Aussichtspunkt, auf den darunter liegenden Bahnen beginnen Gokarts ihre Runden zu drehen, der Junge richtet das Teleskop in Richtung des Rennens, der Schatten einer großen Wolke schiebt sich über die Landschaft. Mit den technisch vergleichsweise primitiven Mitteln des Super-8-Films, direkt auf die Wand projiziert, gelingt es dem Künstlerinnenduo Ursula Ponn und Doris Lasch, in ihrer 2002 entstandenen Arbeit "Die Hälfte der Zeit" einen Schwebezustand zwischen Realität und Traum hervorzurufen. Eine logische Verknüpfung der Ereignisse ist kaum möglich und dennoch erzeugt die atmosphärische Dichte der Szenerie eine starke Sogwirkung. Vergleichbar einem Traum, der vermeintlich Unzusammenhängendes zu einem tieferen Sinn fügt, scheint hier etwas Bedeutungsvolles hinter der banalen Oberfläche verborgen zu sein. |
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Das Rätselhafte, Geheimnisvolle und Fantastische ist das Thema des zweiteiligen Ausstellungsprojekts "Anderswelten", das der Kunstraum München im Herbst mit drei Schweizer Künstlerinnen fortsetzt. Mit ihrer Ausstellungskonzeption nimmt Kuratorin Susanne Meyer-Büser ganz bewusst eine Gegenposition zu den theorielastigen und technologieorientierten Ansätzen ein, die den derzeitigen Kunstbetrieb dominieren. Der Vorwurf der "Weltflucht", den man angesichts der Konzentration auf sinnlich-ästhetische Positionen erheben könnte, führt jedoch am Kern der Ausstellung vorbei. Was die gezeigten Arbeiten sehenswert macht, ist gerade der fragile Charakter der in ihnen aufscheinenden imaginären Welten und das beständige Durchbrechen der Illusion. Der Prozess des Übergangs zwischen unterschiedlichen Realitätswahrnehmungen kann auf diese Weise im Bewusstsein des Betrachters gehalten werden. |
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Vexierspiele zwischen Figuration und Abstraktion sind die großformatigen Zeichnungen der jungen Künstlerin Karoline Walther, die an der Karlsruher Akademie studiert hat und nun im Kunstraum München ihr Werk erstmals offiziell präsentiert. Rätselhafte Architekturen, kombiniert mit Landschafts- und Naturelementen oder impressionistisch anmutenden Farbschleiern, ein Nebeneinander von Fertigem und Unfertigem - immer wieder überlagern und verschieben sich die Perspektiven. Bei dem Versuch, die räumliche Situation dieser Architekturen eindeutig zu identifizieren, muss der Betrachter zwangsläufig scheitern. |
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mit den augen
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Auch Daniel Roth bedient sich unter anderem dem zaghaften Medium der Zeichnung, um uns auf eine fiktive Reise zu schicken. Seine cleanen, fast maschinell wirkenden Bleistiftzeichnungen bizarrer Gebirgslandschaften und unterirdischer Stadträume erinnern an die fantastischen Science-Fiction-Welten des französischen Comic-Zeichners Moebius (Jean Giraud). Grafische Arbeiten, darunter eine speziell für die Ausstellung konzipierte, den Hauptraum umfassende Wandzeichnung, kombiniert Daniel Roth mit weiteren Medien. Fotografie, Film und Grafik sind nicht als Einzelwerke zu betrachten, sondern fügen sich in einem feinen Gespinst wechselseitiger Bezüge zu einer Art Installation. Den Ausgangspunkt des Künstlers, die fiktive Geschichte einer Eule, die über eine unter Betonmassen verborgene Stadt fliegt, zu rekonstruieren, gleicht dabei einer detektivischen Spurensuche, die jedoch niemals zur Auflösung gelangt. |
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