magazin


 

 


foto spezial - archiv 1999
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november

 

finnische fotografie im europäsichen patentamt

fotografie: jaakko helkkllä

Das die finnische Fotokunst durchaus zu den Highlights europäischer Fotografie zählt, wissen wir spätestens seit der Ausstellung von Esko Männikkö im Lenbachhaus. Wie sein berühmter Landsmann beschäftigt sich auch der finnische Fotograf Jaakko Helkkllä mit nordischen Landschaften und ihren der Kälte strotzenden Bewohnern. Aus der Serie "empty spaces" zeigt das Europäische Patentamt bis zum 28. November unter dem Titel "visual worlds/Bilderwelten" Panoramalandschaften und Porträts von Helkkllä. Dabei überzeugen von seinen Aufnahmen am meisten die mit einer Panoramakamera aufgenommenen Innenraumaufnahmen, die ein schönes Bild finnischer "Wohnkultur" geben.
(Europäisches Patenamt, Pschorrhöfe, Bayerstr. 34)

 

colette (poses) in the museums

fotografie: colette

 

In der Galerie Carol Johnssen (Königingstr. 27) sind zur Zeit "photographs & installations" von Colette zu sehen. Die Altmeisterin der Performance-Fotografie posiert etwa in Abendrobe und Federhütchen im Hamburger Bahnhof in Berlin. Die Fotografien bereitet sie anschließend mit Glitter, Perlen und ähnlichem auf und verwandelt sie in wahre Orgien des Kitsches. (Bis 30.11.99)

 

oktober

stalins retuschen

In der Aspekte Galerie der VHS im Gasteigs - für Uneingeweihte muß darauf hingewiesen werden, daß es sich dabei um die Gänge des zweiten und dritten Obergeschoß handelt - ist ein Teil der Ausstellung über politisch motivierte Retusche unter Lenin und Stalin zu sehen, die zuvor in Bonn präsentiert wurde: "Foto- und Kunstmanipulation in der Sowjetunion" (noch bis 10. November).
Entgegen der Ankündigung werden dort nicht Original und Fälschung gegenübergestellt, sonderen deren Reproduktionen ins Übermaß vergrößert und passpartouriert - eine Präsentationsweise, die irritiert. Wie unliebsame Aktivisten per Retusche von der Bühne verschwanden, wie der Rand des Ausschnittes immer mehr Beteiligte reduzierte, oder die Menschenmenge bei einer Kundgebung künstlich verdichtet wurde, kann so aber genau nachvollzogen werden. Wenngleich sich die Erkenntnis meist auf den Effekt beschränkt, denn der Kontext der Pressebilder fehlt trotz ausführlicher Bildunterschriften. Am meisten beeindrucken die anonymen Tilgungen in nonkonformen Abbildungen: Köpfe wurden einfach zugemalt. Diese verdeutlichen die Antastbarkeit von Identität am besten.

 

"taking pictures" im siemens financial services

Das an Fotografie zur Zeit kein Ausstellungshaus vorbeikommt, zeigt eine Ausstellung im Siemens Financial Services in der Seidelstr. 24. Und das auch die digitale Fotografie heute nicht unterschätzt werden darf, damit beschäftigt sich die Ausstellung "Taking Pictures". Sechs Künstler und Künstlerinnen, drei aus New York, drei aus Süddeutschland, zeigen in der Ausstellung "ein Stück ihrer Faszination, sich mit unterschiedlichen fotografischen Material, Techniken und Konzepten - bis hinein ins Digitale - künstlerisch auseinanderzusetzen." (Katalog). Erik Bakke setzt sich mit dem "schwarzen Erbe" auseinander, als digital bearbeiteter Print der U.S. Post zeigt er Abzüge von Malcom X im Briefmarkenlayout. Einen Mix aus C-Prints und Röntgenaufnahmen stellen die Arbeiten von Maria Meier dar, die in hochformatigen Fotobildern düstere Kabel- und Leitungsvisionen zeigt. Weitere Fotoarbeiten sind von Hans Kotter, Felix Weinold, Gary Beeber und Jolanta Gora-Wita zu sehen.

 

fotografie und die nachwehen der open art...

Das große Eröffnungswochenende ist zwar vorbei, trotzdem bleibt dem Fotofreund noch die Möglichkeit sich einiges in Münchens Galerien anzusehen. Zunächst stellt die Galerie Daniel Blau die Arbeiten von Felice Beato und Cecil Beaton einander gegenüber. Unter dem Titel "Eine photographische Begegnung 1870-1970" werden hier 100 Jahre Fotografiegeschichte vereint. Bei Barbara Gross ist u.a. Sophie Calle zu sehen, die zum Teil auf das Medium Fotografie zurückgreift, um ihr Leben in immer neuen Varianten zu erzählen. Der britische Künstler Saul Fletcher ist mit kleinformatigen Arbeiten bei Sabine Knust (Maximilianstr. 14) zu sehen; seine Arbeiten fungieren als Konzentrate einer Wahrnehmung, die unsere Gegenstandswelt in signifikante, oft poetische Bilder zu transformieren vermag. Mosel und Tschechow in der Winterstr. 7 zeigen anläßlich einer Buchveröffentlichung von Wilfried Petzi eine Ausstellung mit dem Titel "Rough Mix". Gezeigt wird hier eine wilde Mischung von Kunstorten, Zeiten, Künstlern und Kunstvermittlung, die von Petzi seit über 10 Jahren dokumentiert wurde. Last but not least findet sich bei Rüdiger Schöttle (Martiusstr. 7) eine Dia-Sound Installation von James Coleman, die dem Betrachter Darstellungsweisen und deren Wahrnehmung vor Augen führt. In einer erzählerischen Sequenz von Lichtbildern werden Figuren gezeigt, die wartend herumstehen, sich unterhalten oder einfach für die Kamera posieren, wobei eine Stimme aus dem Off die Installation zusätzlich akustisch unterlegt.
 

portraits?

"Portraits" nennt Daniel Sambraus die Fotografien seiner Ausstellung in der Galerie lucile, die dort noch bis zum 22. November zu sehen sind.
Porträts aber sind Bildnisse von Menschen zum Zwecke der Darstellung ihrer Individualität. Strenggenommen. Demnach zeigt Daniel Sambraus alles andere als Porträts, denn Menschen tauchen auf seinen Bildern nicht auf. Der Einblick in das Individuum interessiere ihn, so der Fotograf, wobei er sich die Frage stelle, in welches Individuum. Sagt eine Fotografie nicht mehr über ihren Schöpfer denn über den Abgelichteten aus? "Der Fotograf nähert sich ja mit bestimmten Vorstellungen seinem Modell und wählt nach der Sitzung das ihm liebste Bild aus."
Sambraus Individualität spielt sich in Antlitz antiker Skulpturen und im Angesichte zahmer Tiere. Da bei den Skulpturen sich der Bildhauer bereits der Ausbildung individueller Züge befleißigte, hat der Bildautor hier leichtes Spiel. Er braucht nur noch die Auswahl des Ausschnittes treffen. - Und erzielt dadurch doch oft eine völlig neue Wirkung. Porträts von Tieren stellen ein größeres Problem dar. Weder bieten die Modelle ein besonderes Minenspiel, noch halten sie brav still. Oft müsse der Fotograf sich zum Clown machen, um das Bild seiner Vorstellung zu erlangen. Tiere und Skulpturen - eine bizarre Mischung? Nein: eine bildnerische Idee.

Daniel Sambraus wurde 1967 in München geboren, stuiderte Kunstgeschichte an der Hochschule für bildende Künste, Kassel, Photographie am London College of Printing, Applied Art and Visual Culture an der London Guildhall University. Er lebt und arbeitet als freischaffender Photograph in London und München.

 

august

diese augen...

Dieser Blick geht mitten ins Herz, nimmt den Betrachter gefangen: die Augen des jungen Mädchens, die vom Ausstellungsplakat herabstarren. Damit wirbt das Literaturhaus, das bis zum 5. September Photographien des renomierten US-Magazins "National Geographic" zeigt. Das Literaturhaus mausert sich so langsam und unauffällig - dies nur nebenbei bemerkt - zu einem Ausstellungszentrum für Photographie. Das zeugt von Konsequenz, stehen doch im Buchwesen Wort und Bild bzw. photographische Reproduktion gleichberechtigt Seit an Seit. Unter dem Motto "Große Legenden, große Momente, große Bilder" steht die Ausstellung. Seit 1888 erforscht die National Geographic Society den Planeten. Ihre Photographen scheuen weder Kosten noch Mühen, noch immer neuartig wirkende, extreme, hautnahe Aufnahmen zu liefern. Ab 27. September dürfen auch jene davon profitieren, die bisher zu faul waren, die unverzichtbaren Texte dazu zu lesen. Dann erscheint das Magazin nämlich erstmalig auf deutsch. Wem das egal ist, der kann nach wie vor die Bilder lesen. Und wenn es ein Bild derart in sich hat, wie das Ausstellungsplakat, dann liegt das vielleicht auch daran, daß hier an einen uralten Mythos der Kunst angeknüpft wurde: Es ist das Gorgonenhaupt, das, sah man ihm zu lange in die Augen, versteinert wirkte.
 

dieser typ...

Bei ihm sind es nicht nur die Augen, es ist der ganze Typ, der umwirft, betört, gleichermaßen Mutterinstinkte weckt und Mitleid aufgrund selbstverschuldeter Unschärfe. Weil er gleich so nahe kommen mußte! Sein Blick, einschmeichlerisch unterwürfig und doch trotzig-ernst, weicht nicht aus, fixiert Dich. Aber, wer ist er, und wo kann man ihn kennenlernen... Ist er überhaupt er, oder ist es Douglas Gordon, oder Kurt Cobain, oder Andy Wahrhol..., existiert er überhaupt, oder ist er nur so ein Produkt aus der schönen Welt der Bilder, ein Idol, das wir schon im Kindergarten heiraten wollten, von dem wir sicher waren, daß er nur auf uns warten würde? Ist das Photo nur eine Lüge, Ausgeburt unserer Vorstellungskraft? Gerade diese Polaroids sind so tückisch, weil sie so wie unmittelbar aus dem Leben gegriffen aussehen. Und, warum bitte ist dieser Typ eigentlich blond! Haben uns davor unsere Mütter nicht schon immer gewarnt? Und wir haben selbstbewußt-reflexiv geantwortet, ach was, das sei nur ein Klischee! Und am Ende hat er uns doch sitzengelassen!
   

die atombombe

Als "Atombombe im Misthaufen" wurde - zeitgenössisch - die Formation 'fotoform' im Nachkriegsdeutschland passend-unpassenderweise bezeichnet. Am 13.7.99 erhielten drei der Mitglieder, Toni Schneiders, Wolfgang Reisewitz und Siegfried Lauterwasser, den Kulturpreis der Deutschen Gesellschaft für Photographie. Die "zornigen jungen Männer" hatten sich 1949 zusammengeschlossen, aus ihrer Mitte erwuchs die Bewegung der 'subjektiven fotografie'. Auch Peter Keetmann (Preisträger schon seit 1961), sowie Hans Hajek-Halke und Karl Steinorth gehörten zu den stilbildenden Fotografen, die die Strömungen von vor dem Krieg wieder aufgriffen (Lásló Moholy-Nagy), weiterentwickelten und vollendeten. Toni Schneiders erhielt eine Einzelausstellung im Fotomuseum, die stellvertretend vorführt, worauf es der Gruppe ankam. Erscheinungsformen in Natur und Technik zu fokussieren, gegebenfalls in Nahaufnahmen aus der Umgebung herauszuschälen - dies stets parallel zu einer ausgiebigen journalistischen Tätigkeit in aller Welt.

juli

eine künstlerin
steht kopf


Witziges ist derzeit in der Galerie Karin Sachs zu sehen. In großformatigen Fotografien zeigt die Künstlerin Chantal Michel wahnwitzige Positionierungen einer jungen Frau in obskuren, an leerstehende Fabriken erinnernde Räumen. Mal hängt die Frau von der Decke, mal scheint sie sich mit aller Kraft gegen windige Maschinen zu wehren, und dabei stellt sie immer das Sehvermögen des Betrachters auf den Kopf.
Mit ihren Aktionen will Michel Gefühle und Zustände zum Ausdruck bringen, deren Qualität durch den Gang ins Extreme erst wirklich sichtbar und auf den Punkt gebracht werden. Ihre Kunst ist dbei nicht nur ein Verarbeitungsmoment unterdrückter Regungen, sondern genauso ein schönes Spiel, ein künstlerischer Zeitvertreib, eine Liebe zum Ästhetischen, zu Formen und Farben. (Bis 31. Juli)

   

salgado im nationaltheater


Der brasilianische Fotograf Sebastiao Salgado wird derzeit in einer Ausstellung im Nationaltheater gezeigt (rückwärtige Eingangshalle). Salgado gehört zu den Altmeistern des kritischen Bildjournalismus und hat mit seinen Bilderserien über Elends- und Katastrophengebiete ein eindrückliches Bild von Armut und Unglück dieser Erde geschildert. Die Bayerische Staatsoper zeigt in ihrer Ausstellung "Terra" nun Bilder seiner eigenen Heimat, Brasilien, von Menschen, die im Konflikt leben, zwischen einer westlich-amerikanischen und einer südamerikanischen Welt. Dabei zeigen diese Menschen immer eine erhabene Schönheit und Würde, und Salgado schafft es den scheinbaren Konflikt zwischen Leid und Schönheit aufzulösen. (Bis 31. Juli, täglich ab 15.00 Uhr)
   

franz hubman


Die Galerie Klewan verabschiedet sich nach 30-jähriger Galerie-Tätigkeit von der Öffentlichkeit mit einer Ausstellung des Fotografen Franz Hubmann. Hubmann hat so ziemlich jeden fotografisch porträtiert, der in der Kunstwelt Rang und Namen hat. Max Ernst, Maria Lassnig, Bernard Buffet u.s.w. Das ist auf der einen Seite, für eine Galerie, die viele der porträtierten Künstler ausgestellt hat, ein durchaus sinnvolles Unterfangen. Auf der anderen Seite muß man sich angesichts einer solchen Ausstellung auch fragen, ob hier der bloße Künstler zur Kunst wird. Bild um Bild werden uns hier Künstler gezeigt, von denen normalerweise ihr Werk im Mittelpunkt steht, und - wie uns die endlosen Poträts zeigen - auch das ist, was uns wirklich interessiert.
Hier hat sich der Mediengeist wohl unauffällig in die Kunstwelt vermischt, man braucht Bilder von berühmten Menschen, Bilder von Picasso, dem großen Maler, Hermann Nitsch, dem großen Orgienfreund, nur so, daß man mal sieht, wie die Künstler denn so aussehen.
Daß der Künstler aber eigentlich nicht sein Werk ist, und schon gar nicht Kunst, scheint diese Kunstausstellung dabei ganz zu vergessen. (Noch bis 31. Juli)

juni

junge spanische fotografen

Eine schöne Ausstellung ist derzeit im Spanischen Kulturinstitut zu sehen. In dem Vortragssaal des Hauses werden 22 junge spanische Fotografen gezeigt. Ganz anders als bei den zeitgenössischen deutschen Fotokünstlern präsentiert sich hier der aktuelle Umgang mit Fotografie: Nicht der spontane Augenblick mit einem Hang zum Trendigen steht hier im Vordergrund, sondern es sind liebevoll erdachte Bildinszenierungen, die den Arbeiten ihr Gewicht verleihen. Viele Werke sind dabei von einer poetisch-lyrischen Stimmung geprägt, die ganz im Gegenteil zum Klischee des spanischen Temperaments steht. Keine Liebestragödien, kein Blut und kein Stierkampf, sondern stilles Beobachten von unspektakulären Begebenheiten. Darüber hinaus zeigt die Ausstellung viele Möglichkeiten wie sich mit dem Medium Fotografie umgehen läßt, vom Lochkamerafoto bis zum Tableau Vivant als farbig sattes Cibachrom ist so ziemlich alles vertreten. Besonders eindrucksvoll sind die Arbeiten von Chema de Luelmo, der kleine Püppchen als Surrogate menschlicher Traum- und Wahnvorstellungen ablichtet, wobei die Puppen auch erst auf den zweiten Blick als solche erkennbar werden. Damit zeigen uns die Bilder wieder einmal wie nah Fotografie und Illusion beianderliegen.
   

was aus der kunst wurde

Dany Leriche hat die Wälzer zur Kunstgeschichte noch mal durchgesehen, und die Ikonen der historischen Heroen überarbeitet. Die 1951 geborene Künstlerin schreckte nicht zurück davor, selbst Albrecht Dürer noch eines draufzusetzten und zu zeigen, was er dem Publikum vorenthalten hat: Als der Künstler im Holzstich einst sein Modell durch das Gitternetzraster betrachtete, um die perspektivische Verkürzung perfekt umzusetzen, visierte er die pralle Geschlechtlichkeit des wohlgerundeten Weibes. Leriche stellte die Szene nach und fügte das Bild anbei, das jahrhundertelang dem Künstler vorbehalten blieb. Außerdem inszeniert sie Frauenakte als Personifikationen der bildenden und schönen Künste und fügt so die Photographie wie selbstverständlich dem Reigen hinzu, indem es das Mittel ist mit dem solche Bilder wieder möglich sind. (In der Galerie Stefan Vogdt, Kurfürstenstraße 5)
 

autoren im profil


Im Literaturhaus - da wo auch artechock gemacht wird, aber dies nur nebenbei - ist eine Ausstellung mit Münchner Autorenporträts zu sehen, die Studenten der Fachakademie für Fotodesign schufen. Die Fotos sind vielversprechend... aufgrund ihrer ausgesprochenen Unterschiedlichkeit in der Auffassung. Farbe oder Schwarzweiß, bunt oder puristisch, scharf und unscharf - das Spektrum ist weitgegriffen. Wer also keine Lust mehr hat auf Isolde Ohlbaum-Fotos, der kann sich hier veranschaulichen, welche gestalterischen Möglichkeiten dieses Genre des Porträts bietet.

mai

autorenfotos -roni horn, pi

Die Staatsgalerie Moderner Kunst zeigt bis zum 27. Juni eine Ausstellung der New Yorker Künstlerin Roni Horn. In der Raumisntallation PI hält Horn fotografische Wahrnehmungen von Island fest. Die 45-teilige Fotoarbeit zeigt Bilder der Insel, Wasser, Vögel, Kleintiere, Bewohner, aber auch Fernsehstills des örtlichen Lokalsender. Der Künstlerin geht es dabei um eine spezifische Wahrnehmung, die einerseits sie selbst von dem Ort erhalten aht, andererseits auch dem Betrachter zugänglich gemacht wird durch die unterschiedlichen, ohne Wertung nebeneinander gehängten Bilder. Der Titel dieser Arbeit verrät dabei eines der wesentlichen Anliegen von Horn; PI bedeutet neben dem mathematischen Begriff der Kreiszahl PI auch identity und place und weist damit auf ein natürliches menschliches Phänomen hin, sich durch und mit einem Ort zu identifizieren.

april

photoschauder


Daß es dem Fotomuseum gelungen ist, die Bisson Frères-Ausstellung nach München zu holen, ist hoch anzurechnen. Enno Kaufhold beklagt in der Photonews (4/99) zurecht, daß diese Photographien in der Geschichtsschreibung bisher marginal behandelt wurden. Denn was sich zunächst spröde anhört - ein photographisches französisches Unternehmen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts -, fasziniert durch unprätentiöse, dabei durch absolute Qualität bestechende, Aufnahmen. Berühmt geworden sind die Brüder durch Architekturaufnahmen europäischer Kulturdenkmäler der Romanik und Gotik. Den Bauten versuchten sie dabei ein veritables Äquivalent zu schaffen, durch die Größe der Aufnahmen und durch die unglaubliche Präzision. Es handelt sich schließlich um Kontaktabzüge von riesigen Glasplatten. Doch damit nicht genug. Die ersten Bilder von der Begehung des Montblancs zu liefern, dem galt der Ergeiz der Lichtbildner. Unter ungeheuer schwierigen Bedingungen, wie man in der Ausstellung dank eines zeitgenössischen Berichts nachlesen kann: Zum Entwickeln mußte Schnee geschmolzen werden, doch aufgrund der Höhenluft kämpfte die gesamte Belegschaft mit Ohnmacht. Wie bescheiden sich daneben weitere Aspekte ausnehmen, jedoch kaum weniger reizvoll. Anatomisch-ethnologische Daguerrotypien beispielsweise. Besieht man sich die Frontalaufnahmen der Totenschädel aus der Nähe, spiegelt sich der Kopf des Betrachters deckungsgleich darin und der photographische Schauder holt ihn ein.

märz


"schön

großformatige farbfoto-
grafien



Die Auseinandersetzung mit realen Lebensräumen kennzeichnet das fotografische Werk von Dörte Neef. Von der Realität der Stadtansichten ausgehend, wandte sie sich in den Jahren 1995/96 den Barockgärten zu, welche in ihrer Geometrie und in ihrer systematischen Gestaltung die herrschaftlichen Strukturen ihrer Entstehungszeit spiegelten.
In ihren neueren Arbeiten nimmt Dörte Neef bewußt Bezug auf fotografische Klischees wie die Palmen am Meer oder das Panorama einer Hochgebirgslandschaft, verleiht ihren großformatigen Farbfotografien aber im Gegensatz zu den Prototypen der Werbe-Welt eine mehrdeutige Interpretationsmöglickeit. Urlaubssehnsucht und Rückgriff auf reale Entsprechungen, detailreich und in intensiver Farbgebung geschildert, weisen den Betrachter auf erlebte Täuschungen zurück. Eingriffe in die Natur und Veränderungen werden sichtbar gemacht, harte Schnitte unterbrechen den Traum von einem unzerstörbaren Naturerlebnis.
"Die Welt ist schön" als Trugschluß und Verweis auf reale Situationen, ein Thema, das in Abwandlung seit Albert Renger-Patzsch die Fotogeschichte durchzieht. Dabei gesteht die Fotografin ihre Begeisterung und kindliche Freude am Neuentedecken dieser Landschaften, die sie auf persönliche Weise in ihre fotografischen Bilder umsetzt. Die Ausstellung "schön" ist bis zum 21.03.99 in Pasinger Fabrik zu sehen. (Pressetext)

 

Selbst auf unserer Seite herrscht Uneinigkeit. Wie schreibt man es nun, dieses Medium, bzw. wie soll man es schreiben, von der haarsträubenden Rechtschreibreform mal ganz abgesehen? In meinem Uraltduden wird unter „Fotografie“ noch auf die „Photographie“ verwiesen. Nicht zu unrecht. Denn da kommt das Wort ja schließlich her: „Phot“ bedeutet griechisch ‚Leuchtstärkeeinheit‘ oder ‚Zeichen‘. „Photo...“ heißt ‚Licht...‘. 'Graphie' heißt ‚Schreiben‘. Also „Mit Licht geschrieben“. Viele verschiedene Begriffe wurden im Laufe der Geschichte für diesen Vorgang gefunden, etwa die Kalotypie (von griech. schön). Oder der Erfindernamen wurde ganz unbescheiden eingesetzt: Daguerrotypie, Talbotypie. Aber, „Photographie“ drückt es eben am besten aus. Nun aber das Dilemma: in der neuen Rechtschreibung fallen alle Inhalte weg, und es muß Fotografie heißen. Aber auch diese Schreibweise hat man schon im historischen Kontext eingesetzt, insbesondere in den zwanziger Jahren drückte man das Neue am "Neuen Sehen" damit aus. „FiFo“ hieß beispielsweise die bedeutende Ausstellung dazu. Und am Bauhaus schrieb man das ganze auch noch klein: fotografie. Außerdem kommt die Schreibweise im tschechischen Sprachraum, wo viele bekannte Fotografen wichtige Beiträge lieferten, zum Tragen: auch mit f! Doch das schnörkelige Ph, das im Deutschen aus einer anderen Zeit herüberzuwinken scheint, hat einen entschiedenen Phorteil, pardon, Vorteil (auch wenn es sich schlechter tippen läßt): es ist international verständlich, weil im anglo-amerikanischen und französischen Sprachraum üblich.

februar

versautes von saudek?


Zwiespältig steht man vor den photographisch-pornographischen Arbeiten von Jan Saudek. Wie soll man sich diesen kopulierenden, fettwulstreichen, krampfaderbrüstigen, dabei noch himmelschreiend kolorierten Exponaten nähern? Will man es überhaupt? Seit Saudek durch diverse Publikationen des Taschenverlags omnipräsent ist, muß man sich wohl auch damit auseinandersetzten. Vor Ort gelingt das momentan in der Galerie Objekte noch bis zum 2. März (Kufürstenstr. 17, werktags 14-18.30 Uhr, tel. 2711345).

1935 in Prag geboren, gilt Saudek heute als einer der bekanntesten Photographen der Nachkriegszeit. Da die Prager Photographie dank Sudek, Drtikol, Funke und vielen anderen ein schwergewichtiges Erbe darstellt, dem man so leicht nichts entgegensetzt, mag hier ein Grund für die überspannten Diversifizierung Saudeks liegen. Und vielleicht datiert der Photograph auch deshalb seine Bilder in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Es entsteht so eine mögliche Photographie, die damals nur in Ansätzen verwirklicht wurde. Oder sollen die Anfänge der Pornographie karikiert werden? Die spielerische Harmlosigkeit früher pornographischer Versuche, deren eklatante Bemalung jedes Fünkchen Erotik raubte, führt Saudek weiter, teilweise ebenso lieblich-naiv wie anno dazumal, andererseits unerträglich überspannt. Schön zu sehen, daß er auch anders kann und mit einer Reihe Schwarzweißaufnahmen an seine Prager Ahnen anknüpft. Diese Porträts (z.B. Black Tear) und Akte sind von tschechischer Poesie traumschwer gekennzeichnet und schrammen meist haarscharf am Kitsch vorbei.

   
photographische vorträge

An der Kunstakademie fand eine Vortragsreihe statt, die in München ihresgleichen sucht. Natürlich, weil sie für Photointeressierte eine ungeheure Chance war, bekannte Namen einmal live zu erleben. Der Münchner Michael Wesely trug vor; der Düsseldorfer Thomas Ruff verweigerte sich dem Publikum weitgehends. Am 4. Februar kam Thomas Struth und am 18. Konrad R. Müller aus Königswinter, zum Abschluß am 25. Februar Candida Höfer. Eine Ausnahme - eine begründete? - stellte am 11. Februar der Verleger Lothar Schirmer dar. Eine Gelegenheit, das Gewerbe mal aus einer anderen Perspektive kennenzulernen.

   
münchen wird international


Dem Auktionshaus Schneider-Henn ist es zu verdanken, daß München den Anschluß an den Rest der Welt gefunden hat. Denn es liegt nun, so wie es das in Paris und New York seit Jahren gibt, das Heftchen "Photography in Germany & international" auch hier vor. - Daher rührt auch der etwas großspurige Titel, der natürlich nicht halten kann, was er verspricht. Es handelt sich nämlich in erster Linie um eine selbstreferentielle erichterstattung über die Auktionen bei Schneider-Henn. Aber auch dabei kommt es immer wieder zu interessanten Passagen, Bildbeschreibung und -vergleich nicht ausgeschlossen. Begeisterte Stimmen aus aller Welt, die in der mittlerweile zweiten Ausgabe versammelt wurden, sprechen dem Projekt Zukunft zu.
  christine walter und milena greif


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