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vortrag
jean-christophe ammann
das museum als kollektives gedächtnis

vortragsreihe der fachschaft kunstgeschichte im januar und februar

Zu dem eigentlichen Thema, „Das Museum als kollektives Gedächtnis“ äußerte sich Jean-Christophe Ammann nur in der Überleitung von der Einführung zu seinem Vortrag und in der anschließenden Disskussion.
Er hielt überraschenderweise einen Vortrag mit dem Titel „Der sechste Kondratjew und die Kunst oder einmal mehr der Versuch über die Kunst öffentlich nachzudenken“. Der Ausgangspunkt seiner Ausführungen liegt darin, daß er sich durch die Beschäfti-
gung mit der zeitgenössischen Kunst dazu verpflichtet sieht, sich mit der Zukunft zu befassen und weiter die Fragen zu stellen, was einen Künstler ausmacht, was ein Künstler tut bzw. was Kunst überhaupt ist. Dazu erläuterte Ammann das Zukunftsmodell des Wirtschaftswissenschaftlers N. D. Kondratjew, nach dem wir uns heute am Ende der fünften Langzeitwelle (dem sogenannten fünften Kondratjew) befinden. Da jede Epoche von gesellschaftsrevolutionären Basisinnovationen geprägt ist, stehen uns bei dem Wechsel zum sechsten Kondratjew grundlegende Veränderungen bevor. Laut Newriow wird in Zukunft der Mensch noch stärker den Mittelpunkt des Denkens und Handelns einnehmen, weswegen soziale, psychische und geistige Impulse notwendiger werden. Demnach wird die Forderung nach mehr Investition in die Kreativität unablässig werden. Ammann zieht daraus die Schlußfolgerung, daß Kunst, daß heißt das Erforschen von Kreativitätsprozessen im Allgemeinen - und durch die Künstler im Besonderen - ein besonderes Anliegen sein wird. Der Mensch, der im Zentrum des sechsten Kondratjews steht, wird auch das Thema der Kunst sein. Jedoch wird es der Mensch jenseits des Egoismus sein, der Mensch, der durch die Wissenschaft zwar weiter erforscht, von seinem Wesen her allerdings mysischer und beseelter sein wird. In dieser von Ammann als archaisch bezeichneten Kunst wird Zeit zu einem wesentlichen Anliegen werden, ihre Funktion wird das Entwickeln einer Bildsprache sein, die als lebenserhaltendes Kommunikationsmittel fungieren muß.

Dr. Ammann hat seinem Vortrag ein Gesellschaftsmodell zugrundegelegt, dem man sicherlich andere entgegenhalten müßte. Durch die Betrachtung einer fachfremden Theorie, in der Kunst und Kunstentwicklung nicht genannt werden, hat er die enge Perspektive unseres Fachs erweitert. Doch sollten sich hieran die Erörterungen weiterer futurologischer Betrachtungen anschließen, um ein Gesamtbild zu erstellen.
Abgesehen davon wäre es wünschenswert gewesen, wenn sich der Vortrag in den Rahmen der Vortragsreihe eingepaßt hätte, um einen Beitrag zu einer Betrachtung der neuen Medien aus der musealen und praktischen Perspektive zu beleuchten.

Dietlind v. Pfeffer

Um Stellungnahmen und Diskussionsbeiträge wird gebeten.





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