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besprechung
germaine krull "avantgarde als abenteuer"

germaine krull "avantgarde als abenteuer"

eine ausstellung im Haus der Kunst
von 21.01.2000 bis 12.03.2000

 

 

 
"Escalier"

 

"Les Choux-Fleurs"

Der Titel dieser Ausstellung, "avantgarde als abenteuer", trifft ins Schwarze. Er beschreibt treffend, das Leben und Werk der Photographin Germaine Krull (1897-1985), die Thema dieser Ausstellung im Haus der Kunst ist.

Ein paar Hintergrundinformationen...
Germaine Krull wurde 1897 in Ostpreußen geboren. Prägenden Einfluß nahm bald ihr Vater, Johann Friedrich Krull, auf sie. Er vermittelte der jungen Germaine, der ein freidenkender und vielgereister Ingenieur war, viel von seinem unorthodoxen Lebensstil. Germaine Krull ging nie auf eine öffentliche Schule, ihr Vater zog es vor, ihr zu Hause seine Vorstellungen von Bildung zu vermitteln. Unabhängigkeitsstreben und politisches Denken Germaine Krulls fanden hier ihre Wurzeln. Doch die unorthodoxe Lebensweise provozierte, alsbald auch die Trennung der Eltern. Woraufhin Germaine Krull 1912 mit ihrer Mutter nach München Schwabing zog.
1915 trat Germaine Krull in die Photoschule München ein, der Anfang eines langen künstlerischen Lebens. Bald fand sie Zugang zu den künstlerischen, intellektuellen und politischen Kreisen in Schwabing. Reiner Maria Rilke, Rudolf Steiner und Kurt Eisner sind wohl die bekannteren Namen derjenigen, die ihr damals begegneten. Aus diesem Milieu heraus gelangte sie in das Umfeld der kommunistischen Revolutionäre die 1919 die bayerische Räterepublik ausriefen. 1920 folgte daraufhin ihre Ausweisung aus Bayern, Germaine Krull geht mit ihrem Geliebten Samuel Levit nach Moskau. Dort erfassten sie die Strudel der russischen Revolution, beide setzten sich aktiv in linksextremen und anarchistischen Gruppen ein und fielen dadurch bald in Ungnade bei den kommunistischen Machtinhabern.
Diese Art von Ereignisreichtum war für Germaine Krull normal. Ihr weiteres Leben gliederte sich in Aufenthalte in Berlin, Amsterdam, Paris, Brasilien, Nordafrika, Indochina, Thailand und Indien.
Künstlerisch deckte Germaine Krull experimentelle Aktphotographie, Werbephotographie ab. Oder sie experimentierte mit der Kraft der Perspektive in ihrem Bildband Metal, einem Werk über die Wunder aus Stahl, die die immer weiter fortschreitende technische Revolution hervorbrachte.
Politisches Engagement gehörte immer zu Germaine Krull, von ihrer Tätigkeit in der Resistance bis zur Unterstützung der tibetanischen Mönche.
Unternehmerisch tätig, sicherte Germaine Krull ihr Leben lang ihre Unabhängigkeit. Als Leiterin des Hotels Oriental in Bangkok schrieb sie auf eine andere Art Geschichte.

...und eine kleine kritische Stellungnahme zum Werk der Künstlerin.
Wie kann man so einem umfangreichen und vielseitigen Werk, wie das von Germaine Krull mit wenigen Worten gerecht werden?
Ich persönlich war besonders von der klaren Formensprache von "Escalier" oder von "Les Choux-Fleurs" fasziniert. Von der schöpferischen Vielfalt wird wohl jeder Besucher beeindruckt sein. Kurz und Knapp: Incredible

Zur Ausstellung...
Die Ausstellung deckt das gesamte Werk und alle Schaffensphasen Germaine Krulls ab. Ergänzend werden Dokumente, Veröffentlichungen und Zeitzeugnisse, sowie zwei Filme der Künstlerin gezeigt.
Positiv die schlichte Gestaltung der Ausstellungsräume, die in warmen Farben gehalten sind und die Bilder voll zur Geltung kommen lassen.
Für weitergehend Interessierte empfiehlt sich der Katalog (367 Seite, 150 Abbildungen, 49 DM) zur Ausstellung. Er macht einen sehr sauber recherchierten Eindruck und gewährt einen detaillierten Einblick in das Künstlerleben der Germaine Krull.

   


ulf bradfisch



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