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besprechung
claude monet und die moderne
claude monet und die moderne

eine ausstellung in der hypo kunsthalle
von 23.11.2001 bis 10.3.2002

Nicht ganz allein steht die Hypo-Kunsthalle mit ihrer Monet-Ausstellung da. Fünf weitere Häuser haben für dieses Jahr eine Monet-Ausstellung im Programm (u. a. in Hamburg, Treviso, Tokyo), zwei weitere waren geplant. Daß es bei einem solchen Ausstellungsboom auch mal zu Ausleihschwierigkeiten kommen kann, davon wissen die Ausstellungsmacher wohl ein Lied zu singen. 280 Leihanfragen stellte die Kunsthalle allein für die Bilder von Monet, 28 wurden ihr zugebilligt. Das Problem, Bilder von Monet auszuleihen, liegt jedoch nicht (allein) an der unkooperativen Zusammenarbeit anderer Häuser, sondern in erster Linie an den Bildern selbst. Um das feine Farbenspiel, für das besonders die Seerosenbilder bekannt sind, auf die Bildoberfläche zu bannen, hat Monet seine Bilder "entölt" (Sagner-Düchting). Das heißt, die Farbe liegt wie Puder auf den Bildern, die wenigsten Gemälde sind gefirnisst, und dort, wo sie mit schützendem Glas versehen sind, ist die Betrachtung nur das halbe Vergnügen.
   
monet und die farbe


Wer einmal in der Orangerie in Paris gewesen ist, wo der Großteil von Monets monumentalen Seerosenbildern zu sehen ist, weiß, welche Kraft gerade von dem Flimmern der Oberfläche ausgeht. Die Spiegelung des Wassers, das einfallende Licht und die Bewegung der Pflanzen hat Monet nicht durch eine realistische Darstellungsweise eingefangen, sondern allein durch den unruhigen Auftrag von Farbe. Dennoch, auch wenn die Farbe bei Monet so wichtig ist, fragt man sich zunächst, wo denn die Verbindung seines Werkes zur Moderne liegt. Schließlich mögen die Bilder Monets zwar abstrahiert sein, abstrakt sind sie aber nicht. Im Gegenteil hat sich Monet geradezu manisch an seine wenigen Motive gehalten, auch wenn er sie im Ergebnis fast bis zur Unkenntlichkeit auf der Leinwand festgehalten hat. Die Brücke von Arguenteuil, die Seerosen und selbst die Kathedrale von Rouen sind als Motive häufig nur durch verschwommene Konturen zu erahnen, nicht aber eindeutig zu erkennen. Und genau dort liegt die Verbindung zwischen dem Spätimpressionismus und der Moderne: in der Farbe und der zunehmenden Abstraktion. Karin Sagner-Düchting, die Kuratorin und lange Monet-Kennerin hat es sich für die Ausstellung „Monet und die Moderne„ zur Aufgabe gemacht, das Spätwerk Monets dem abstrakten Expressionismus einschließlich des europäischen Informel gegenüberzustellen, um damit die Wurzeln der freien gestischen Malerei nach ’45 aufzuzeigen. Eine solche Gegenüberstellung legt schon der Ausbildungsweg vieler abstrakten Expressionisten nahe, da sich ein Großteil von ihnen direkt zum Werk Monets begeben hat. Eine der Leitfiguren, die die Wiederentdeckung Monets in den 50er Jahren förderte, war André Masson, der durch seine Emigration in die USA 1939 verbindend zwischen der Malerei nach ’45 und dem spätimpressionistischen Werk französischer Maler stand. Masson sprach jungen amerikanischen Malern um Sam Francis, Ellsworth Kelly oder Joan Mitchell zu, nach Paris zu gehen, um dort die Quellen der abstrakten, farbengewaltigen Malerei aufzusuchen. Und natürlich war Masson ein guter Monet-Kenner! In den 50er Jahren gingen über 300 amerikanische Maler nach Frankreich, studierten die Impressionisten und entdeckten das Spätwerk eines seiner Begründer.

   
späte entdeckung monets


Diese Konfrontation der Amerikaner mit Monet ist die Basis der Ausstellung, ergänzt durch französische und - natürlich - einige zeitgenössische Positionen (u. a. Byron Kim). Auch deutsche Maler fehlen nicht, wobei die Auswahl von Gerhard Richter, K. O. Götz u.a. nicht mehr ganz so leicht nachvollziehbar ist wie bei den amerikanischen Malern. Kurz gewinnt man hier den Eindruck, daß der Wunsch, das Werk Monets in der Moderne bestätigt zu finden mit den Kuratoren durchgegangen ist. Ansonsten stellt die Ausstellung aber gerade in ihrem Bemühen, im Neuen etwas Altes zu entdecken ein überaus gelungenes Experiment dar, daß die abstrakte Malerei der zweiten Jahrhunderthälfte zumindest in einem anderen Licht sehen läßt.

christine walter



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