18.02.2016
66. Berlinale 2016

»Im Prinzip wie in einem Kloster...«

Deadweight
Deadweight von Axel Koenzen
(Foto: 66. Internationale Filmfestspiele Berlin (Katalog))

Das Schiff und die Hölle – Stichwort: Ökonomie, der deutsche Regisseur Axel Koenzen im Gespräch darüber, was Hieronymus Bosch, Odysseus und Foucault mit einander zu tun haben – Berlinale-Tagebuch, 13. Folge

Von Rüdiger Suchsland

Axel Koenzen, geboren 1972, studierte in New York, und dann an der Film­hoch­schule DFFB in Berlin. Dead­weight im Inter­na­tio­nalen Forum ist sein erster Spielfilm, eine Geschichte, die komplett auf einem Contai­ner­schiff spielt.

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Dead­weight ist Dein Spiel­film­debüt. Wie bist du zu dem Stoff gekommen?

Mein Onkel war Kapitän, später Lotse in Hamburg. Mit dem bin ich öfter mal an Bord gegangen. Als Kind dachte ich, das ist der freieste Mensch, den ich kenne – der segelt um die Welt. Im Zuge der Recherche für den Film hat sich dann heraus gestellt, dass es mit der Freiheit an Bord so eine Sache ist. Das Meer ist ein Illu­si­ons­raum, tatsäch­lich wirkt die Unend­lich­keit bedroh­lich.

Wie ist Dein Verhältnis zu dieser Welt der Contai­ner­schiffer?

Mein Verhältnis ist gut. Wenn man sich für die Leute inter­es­siert und ihnen zuhört, kommt man zusammen. Es gibt da kein Schwarz oder Weiß. Jeder ist in seiner Moti­va­tion nach­voll­ziehbar. Ein Hamburger Reeder genau so, wie ein Ordinary Seaman von den Phil­ip­pinen.

Hast Du recher­chiert? Wie?

Ich hatte von Anfang an Kontakt zu einer Hamburger Reederei, die die Recherche als auch die Dreh­ar­beiten großzügig unter­s­tützt hat. Nach jeder Recher­che­tour dachten die, wir hätten den Film schon gedreht. So hat sich das immer weiter entwi­ckelt. Der Reeder wusste, was ich wollte: Ein Schiff von innen zeigen. Das fand´ er wichtig. Die Recherche für so ein Setting ist wie eine kleine Ausbil­dung. Man gibt keine Ruhe, bis man jeden Knopf kennt. Das galt dann auch für die Figuren. Casting- und Recherche gingen hier Hand in Hand und führten uns im Vorfeld nach Rumänien und auf die Phil­ip­pinen. Ausgangs­punkt war immer das Schiff und die Menschen, die dort arbeiten. Diesen Menschen bin ich im Prinzip bis nachhause gefolgt.

Wie würdest Du den Ort beschreiben, an dem Dein Film spielt? Ein inter­na­tio­naler oder univer­saler Ort? Ein Niemands­land?

Im Prinzip ist er das Schiff, all das. Ein Niemands­land, weil diese Schiffe meist ausge­flaggt sind. Das heißt, bedingt auch rechts­freier Raum sind, da man in den jewei­ligen Ländern in denen sie regis­triert sind (z.B. Liberia), nicht wirklich auf sein Recht pochen kann. Inter­na­tional sowieso. Universal, auch. Von Foucault gibt einen tollen Aufsatz über Hetero­to­pien. Er redet da von einem »Ort ohne Ort, der aus sich selber lebt, der in sich geschlossen und gleich­zeitig dem Unend­li­chen des Meeres ausge­lie­fert ist, und nennt das Schiff die ulti­ma­tive Hetero­topie. Wie gesagt, für mich war die Seefahrt so ein Sehn­suchtsort, der sich am Ende aber selbst entlarvt hat. In gewisser Weise glich der Prozess der Recherche eher der Zers­törung meiner eigenen, persön­li­chen Utopie. Es gab dort keine Umkehrung der Verhält­nisse zu betrachten. Im Prinzip stellen die Regeln an Bord eine Zuspit­zung unserer heutigen Verhält­nisse dar. Alles andere wäre Augen­wi­scherei.«

Hafen, Schiff, Stahl – Du zeigst eine analoge Welt. Es gibt sehr viele Maschinen, die man wenig kennt. Das ist faszi­nie­rend anzusehen. Kannst Du mehr darüber und Deine Gedanken dazu, Deine Faszi­na­tionen erzählen?

Dass die Welt und vor allem die Arbeit komplett digi­ta­li­siert ist, ist so ein Trug­schluss aus unserer Perspek­tive, die uns mehr oder weniger beruhigt schlafen lässt. Die »analoge Arbeit ist im Prinzip nur ausge­la­gert. Wir haben sehr viel im Maschi­nen­raum gedreht. Dieser Strang ist dann leider im Schnitt verloren gegangen, bzw. hatte keinen Platz mehr in der Geschichte. Da unten ging es zu wie bei Fritz Lang in der Unter­stadt. Eigent­lich ist die Maschine das Herzstück des Schiffes, also der Motor, der alles antreibt. Mich hat faszi­niert, wie die Gruppe der phil­ip­pi­ni­schen Seeleute an Bord gegen diese stählerne Konstruk­tion anlebt, um zu überleben. Die sind ja meist zehn bis zwölf Monate an Bord, unter­bro­chen von wenigen bis gar keinen Land­gängen. Bei Max Weber gibt es den Begriff des ›iron cage‹, mit dem er den frühen Kapi­ta­lismus beschreibt. Das System der Büro­kra­ti­sie­rung und effi­zi­enten Sozi­al­ord­nung nennt er auch „The polar night if icy darkness“. Als ich das gelesen habe, musste sofort an Film Noir denken. Die Unbarm­her­zig­keit dieser verti­kalen Struktur im Kontrast zum Horizont, der Weite des Meeres, hat mich inter­es­siert.«

Was ist aus Deiner Sicht das Haupt­thema Deines Films?

Das fest­zu­stellen überlasse ich gerne dem Zuschauer. Aber es ging schon im weitesten Sinne um die Frage der Verant­wor­tung.

Dies ist ein fiktio­naler Film mit starken doku­men­ta­ri­schen Anteilen. (Oder doch umgekehrt?) Wie ist für Dich das Verhältnis zwischen beiden Ebenen?

Filmisch ist das natürlich schwierig. Mir war von vorn­herein klar, dass ich auf einem echten Schiff drehen will, dass nur so das Gefühl an Bord zu vermit­teln sein würde. Damit war klar, dass die Crew an Bord einen großen Anteil am Film haben würde. Die Betrach­tung der Arbeit sollte nicht künstlich wirken, von daher musste die Fiktion dieser Insze­nie­rungs­weise folgen. Im Schnitt ist es dann oft nicht einfach gewesen, beide Ebenen zu verbinden. In gewisser Weise kommt man nicht aus dem Konflikt raus, jeweils einen Betrug an dem einen oder anderen zu begehen. Für mich waren die die Schau­spieler Agenten in dieser Welt und die Fiktion eine Methode das System zu betrachten. Ich würde sagen, es handelt sich um einen fiktio­nalen Film mit doku­men­ta­ri­schen Anteilen.

Einmal sehen wir einen Film­aus­schnitt nicht, aber wir hören ihn? Magst du uns einen Hinweis auf den Film und seine mögliche Bedeutung geben? Oder ist alles reiner Zufall?

Also den Film gibt es nicht. Wenn ich jetzt etwas anderes behaupte, bekomme ich Ärger mit meinem Produ­zenten. Im Prinzip war es reiner Zufall. Wir haben dann aber nochmal nach­ge­holfen ...

Wie bedeutend ist überhaupt der Zufall und das Risiko des Filme­ma­chens für Dich?

Da fehlt mir, glaube ich, gerade der Abstand. Klar, meine Lieb­lings­szenen sind heute die, die dem Zufall geschuldet waren. Aber dann stellt sich die Frage, was wirklich zufällig ist. Ich glaube sehr an Vorin­for­miert­heit, sonst siehst Du die Dinge nicht. Wenn Zufall und Vorin­for­miert­heit zusammen kommen, und man dann noch seiner Intuition traut, kann es spannend werden. Das war leider nicht immer möglich, da ja klar war, dass wir auch einen Film abliefern mussten, als wir nach sechs Wochen an Bord zurück nachhause kamen. Das größte Risiko ist immer dem Gegen­stand tatsäch­lich zu begegnen. Das waren in unserem Falle das Schiff und die Menschen, die darauf arbeiten.

Wie hast Du mit den Darstel­lern/Prot­ago­nisten gear­beitet? Was gibt es zum Verhältnis Drehbuch/Impro­vi­sa­tion zu sagen?

Die drei Schau­spieler, die mit uns sechs Wochen an Bord waren, hatten alle eine Einfüh­rungs- und Rercher­che­woche auf einem Contai­ner­schiff noch vor dem Dreh. Daraufhin haben wir uns in Berlin getroffen und über ihre Erleb­nisse gespro­chen. Erst dann haben wir gemeinsam an den Figuren gear­beitet. Während des Drehs haben die Schau­spieler oft stun­den­lang warten müssen, bis sie zum Zuge kamen. Die Szenen wurden zunächst mit den Laien angedreht. Wenn die Stimmung da war, habe ich die Schau­spieler dazu gebeten. Es ging darum Vertrauen zu schaffen, zu einen Gegenüber der Schiffs­crew und zu anderen unter uns. Mit der Schiffs­crew war es ein sehr persön­li­ches Geben und Nehmen – in gewisser Weise waren wir ja auch eine Abwech­se­lung in ihrem monotonen Alltag.

Von den Szenen aus dem Buch sind viel­leicht noch 50% übrig, der Rest ist impro­vi­siert. Schon nach kurzer Zeit ging unser Drehplan über Bord. Meist wurde abends um 18 Uhr gemeinsam mit dem Kapitän, dem 1st Engineer und 1st Officer bespro­chen, was am nächsten Tag überhaupt drehbar ist. Dann hatten wir nur eine halbe Stunde Vorwarn­zeit, bevor wir eine Szene in einer bestimmten Arbeits­si­tua­tion gemeinsam mit den Laien drehen konnten. Sie müssen sich vorstellen, dass man ein kommer­ziell fahrendes Contai­ner­schiff nicht einfach anhalten kann. Es geht da um sehr viel Geld verschie­denster Inter­es­sen­gruppen. Der Charterer des Schiffes, der das Schiff quasi vom Reeder mietet, hätte es nicht so lustig gefunden, wenn sich wegen uns der Fahrplan verzögert hätte. Also ja, man fängt auf allen Ebenen an zu impro­vi­sieren. Komplex geschrie­bene Dreh­buchszenen gehen einem dann schon mal ganz schön auf die Nerven.

Wer sind die Darsteller/Prot­ago­nisten? Wie hast Du sie gefunden? Überredet?

Wir waren mit drei Haupt­dar­stel­lern sechs Wochen an Bord: Tommi Korpela (Finnland) als Kapitän, Ema Vetean (Rumänien) als 2nd Officer und Archie Alemania (Phil­ip­pinen) als Able-Seaman. Dazu kamen Frank Lammers als ITF-Officer und Jeanne Balibar als P&I Consul­tant, die nur zwei/drei Tage an Bord kamen, was ein logis­ti­scher Albtraum ist, wenn man sich nach dem Fahrplan eines kommer­ziell fahrenden Schiffes richten muss. Wesent­lich war natürlich die Crew des Schiffes, auf dem wir gedreht haben. Hierzu wurden parallel im Vorfeld des Drehs Schiffe in Brasilien, Kolumbien, den USA, in Tangier und im Mittel­meer gecastet. Wir haben uns dann sehr kurz­fristig für eins der Schiffe entschieden und sind aufge­stiegen.

Deine eine Haupt­figur ist ein Kapitän? Bist du als Regisseur auch eine Art Kapitän? Gibt es Schnitt­mengen, Iden­ti­fi­ka­tionen gar?

Dieser Frage würde ich sehr gerne aus dem Weg gehen. Schnitt­mengen viel­leicht in dem Sinne, dass ein Kapitän wie auch ein Regisseur eine profes­sio­nelle Rolle spielt. Die Frage ist nur, wann beginnt die Rolle den Menschen als Ganzes zu bestimmen. Wann gibt es also keine Trennung mehr zwischen Privatem und Profes­sio­nellen. Oder anders gesagt, wie viele private Haltung braucht man, um wirklich profes­sio­nell agieren zu können? Ich meine das durchaus in Bezug auf Moral und mensch­liche Haltung.

Wer und was sind Deine filmi­schen Vorbilder?

Das schwankt so, je nach Lebens­phase. Anfang zwanzig war es Cassa­vetes; dann Antonioni, den ich erst nicht verstanden habe. Dann später mal Bresson. Aber eigent­lich sind es nur diese ersten Beiden. Neulich habe ich nach langer Zeit mal wieder E.T. – Der Außer­ir­di­sche gesehen, und fand´ ihn großartig.

Wer hat die Kamera geführt, wer geschnitten? Wie habt ihr gear­beitet, welche Frei­heiten gab es?

Alexander Georghiu hat Kamera gemacht. Benjamin Mirguet hat geschnitten. Für die Kamera war es äußerst schwierig: Extrem kleine Räume und Dauer­vi­bra­tionen an Bord, hervor­ge­rufen durch die RPMs (round per minute) der Schiffs­schraube. Das hieß fast auto­ma­tisch Hand­ka­mera. Ich schätze Alex für seine Unge­schminkt­heit. Er kann schlicht kein Bild machen, das sich für ihn nicht richtig anfühlt. Die Arbeit mit Benjamin im Schnitt war extrem berei­chernd. Wir haben das Buch quasi neu geschrieben, vor allem die Entwick­lung der Haupt­figur des Kapitäns umkon­zi­piert. Am Ende besteht der Film nun mehr­heit­lich aus impro­vi­sierten Szenen. Szenen aus dem Buch sind viel­leicht noch 50% übrig. Die Kern­aus­sage des Buches hat sich dabei aber nicht verändert.

Es gibt eine ganze Reihe von Sprachen im Film. War das der Welt, die Du zeigst geschuldet, oder liegt eine bestimmte Absicht darin?

Also das ist absolut dem Setting geschuldet. Mir war nicht wirklich bewusst, welchen Aufwand das (vor allem in der Post-Produk­tion) bedeutet. Die Geschäfts­sprache auf einem Contai­ner­schiff dieser Größe ist Englisch. Die Crews sind meist von den Phil­ip­pinen, die Offiziere aus Osteuropa. Es handelt sich um ein recht präzises Casting der Reede­reien. Wer ist mit seinem (Volks-) Charakter (weiß´nicht, wie das heißt) für welche Aufgabe einsetzbar und preiswert – all das natürlich vor dem Hinter­grund maximalen Effi­zi­enz­den­kens. Es geht am Ende ums Geld. Wenn die Trans­port­kosten der Güter anders berechnet werden müssten – ich will jetzt nicht sagen fair, weil das ist immer relativ aus der Perspek­tive des jewei­ligen Arbeit­neh­mers – dann würde der globale Handel, bzw. das jetzige Preis­system zusammen brechen. Während der Dreh­ar­beiten an Bord hatte ich bezüglich der Sprachen mal einen Albtraum: Turmbau zu Babel, wenn die sich alle nicht mehr verstehen können und das Chaos herrscht.

Die Welt Deines Films ist eine Welt weit gehend ohne Frauen. Aber in den Gedanken der Männer sind sie sehr präsent.

Ja, das ist so an Bord. Die Profes­sio­na­lität der Seeleute besteht darin, dass zu Hause bzw. die privaten Sorgen bis zu einem gewissen Grad auszu­blenden und die Gemein­schaft damit nicht zu belasten. Außerdem bringen Frauen ja immer eine andere Art der Erzählung ein (es sei denn, sie haben sich komplett an den männ­li­chen Verhal­tens­kodex angepasst). Das wiederum gefährdet die Hier­ar­chie.

Das Leben an Board ist eintönig, Tätig­keiten wieder­holen sich... Rituale. Was reprä­sen­tiert die Monotonie, wenn überhaupt etwas?

Essens­zeiten sind wichtig, wenn nicht überhaupt das Wich­tigste. Das Leben an Bord wird durch extrem fest­ge­legte Arbeits- und Frei­zeit­rhythmen bestimmt. Stichwort: Ökonomie. Im Prinzip also wie in einem Kloster, oder einer arbeits­tollen Sekte. Zum Beispiel singen die Filipinos jeden Abend nach dem Essen Karaoke. Das macht sie unter anderem zur stärksten und inte­gersten Gemein­schaft an Bord. Das Singen ist wie ein Gefühls­aus­bruch, eine Art Emotion in einem fest­ge­legten Rahmen zu zeigen, ohne das dadurch die Arbeit betroffen wird.
Nach ein paar Wochen an Bord werden Raum und Zeit sehr relativ. Die Dinge beginnen zu schweben. Die Einsam­keit überwiegt, die irgendwie immer eine Begegnung mit dem Tod darstellt. Das einzige, dass einen erdet, sind die mensch­li­chen Bezie­hungen, insofern sie innerhalb der Hier­ar­chie an Bord möglich sind. Für einen Kapitän oder einen Offizier ist es eben nicht so einfach, zu den Filipinos runter zu gehen, um mit ihnen zu saufen.

Große Schiffe sind auch ein mytho­lo­gi­sches Thema. Man kann an »Moby Dick« denken, ans »Narren­schiff«, an die Fahrten der Argo­nauten und des Odysseus. Hat derar­tiges für Dich eine Rolle gespielt? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?

Es gab da eine Zeichnung von Hiero­nymus Bosch. Im Engli­schen heißt sie »Ship of fools in flames«. Die hat mich inspi­riert. Da wächst einem Mann ein Schiff durch den Körper; der Mast geht durch den Kopf. Die Menschen auf dem Schiff treiben Scha­ber­nack. Einer kratzt den Mann hinten am Kopf. Vorne am Bug hängt einer anderer, dem eine Lanze durch das Herz dringt. Dieser Zustand, das Verwachsen mit dem Schiff, hat mich inter­es­siert. Wenn man nicht mehr trennen kann zwischen dem eigenen Körper (und Geist), und dem Gefährt, das einen bewegt. Wobei, auf der Zeichnung geht der Mann ja von selbst; es ist also gar nicht das Schiff, das ihn bewegt. Es ist nur in seinem Kopf ...
Klar, das Narren­schiff von Brant und der Moby Dick sind mir bekannt. Aber irgend­wann löst man sich von sowas und sucht seine eigene Erzählung. In Erin­ne­rung blieb mir die Genau­ig­keit, mit der Melville beschreibt, dass er jedes Detail persön­lich erfahren hat. Das hat mich bei der Recherche beein­flusst und war der Anspruch. Am Anfang wollte ich noch viel mehr von dem zeigen, was da ist. Unter anderem weil ich an die Strahl­kraft und die Metapher des Bildes (also Schiff) geglaubt habe. Aller­dings merkte ich dann schnell, dass bei einer Geschichte im Kino alles Über­flüs­sige keinen Platz hat.

Was hat das Ende zu bedeuten? Simulator... Sturm... Ein Unglück gar?

Also ein Unglück ist es nicht. Es ist ja eine Simu­la­tion und nicht die Realität … Nur manchmal weißt Du ja nicht mehr, was zuerst da war. So ähnlich geht mir das oft in meiner Alltags­rea­lität. Du denkst, dass die Zwänge von Außen unum­gäng­lich sind. Aber in gewisser Weise sind sie ja nur eine Projek­tion, eine spezielle Idee von Realität. Als ich das erste Mal während der Recherche in einen Simulator stand, dachte ich sofort an Platon und das Höhlen­gleichnis. Aber ich will jetzt nicht zuviel verraten vom Ende … Auf jeden Fall ist das da ähnlich: Da hat sich jemand aus seinen Fesseln gelöst (und das ist bzgl. unserer Haupt­figur zunächst mal eine Behaup­tung) und kommt zurück in die Höhle und erzählt den anderen von der Sonne draußen. Die glauben ihm aber nicht und halten ihn für verrückt. Die wollen weiter an die Projek­tion ihrer Schat­ten­bilder glauben. Das ist bequemer. Manchmal geht es mir ähnlich, wenn ich aus dem Kino komme (Kino als Ort einer lügen­haften Erzählung). Es gibt in dem Zusam­men­hang einen Film, den ich sehr liebe: Einer flog über das Kuckucks­nest. Da braucht es keinen Simulator, weil die Erzählung an sich die Metapher ist.