KINO MÜNCHEN FILM AKTUELL ARCHIV FORUM LINKS SITEMAP
Dokfest 2003 01.05.2003
 
 
Nachrichten vom Planet Erde
Tipps zum 18. Internationalen Dokumentarfilmfestival München
GOLDEN LEMONS
 
 
 
 

"Reality is boring" - so beschreibt Computergame-Designer Shono aus dem Film TOKYO NOISE (Sonntag, 4.5.,22.15 Uhr, Arri) das Leben jenseits des Cyberspace. Das dem nicht so ist, beweist ab Freitag einmal mehr das Dokfestival München. Rund hundert Filme laden dazu ein, sich überraschen, unterhalten, bewegen und nachdenklich stimmen zu lassen. Dokumentarfilmer sind eben eine unglaublich neugierige Spezies. Ausgerüstet mit Kamera und Mikrophon gehen sie auf Entdeckungsreise in ferne Welten. Und oft genug liegt so ein fremdes Paralleluniversum gleich neben an.

Eines davon ist der PLANET HASENBERGL. Schicke Menschen aus Schwabing oder Haidhausen verirren sich nur selten in die berüchtigte Hochhaussiedlung. Wer hier aufwächst hat das Stigma des Ghettokids weg. Claus Striegel erzählt von Hoffnungslosigkeit und Wut der Kinder aus der Münchner Bronx und wie es dem Förderprojekt Lichttaler gelingt, bei vielen den Karren noch einmal herumzureißen. (Samstag, 3.5., 17.00 Uhr, Gasteig)

Ein paar Kilometer weiter, jenseits der österreichischen Grenze: Nach dem Wahldebakel 2001 nehmen vier Filmemacher Stellung ZUR LAGE der Nation. Unter ihnen auch Regisseur Ulrich Seidl, der schon in seinem Spielfilmdebüt Hundstage einen ebenso schonungslosen wie schmerzlichen Blick auf seine Landsleute warf. Was sie aufdecken ist ein Österreich, jenseits von Küss die Hand und Heurigenseligkeit, das einen sämtlicher heimatfilmgeprägter Illusionen beraubt. (Dienstag 6.5., 20.30 Maxim, Samstag, 10.5. 18.00 Uhr, Rio)

Ebenso gnadenlos wie seine österreichischen Kollegen beleuchtet auch Thomas Heise in VATERLAND das Leben in seiner Heimat. In der ostdeutschen Provinz, wo das angejahrte Trompetenduo Rita und Klaus zu den kulturellen Höhepunkten zählt, lautet die Devise noch immer "Lieber zehn Russen als einen Wessi". Eine bitterböse, tragikomische und dokumenterfilm-ethisch nicht immer ganz einwandfreie Lektion in Heimatkunde. (Dienstag, 6.5., 15.00 Uhr Filmmuseum, Mittwoch 7.5. 18.00 Uhr, Rio)

Das irrwitziges Roadmovie GOLDEN LEMONS erzählt vom Abenteuer einer Tournee quer durch die USA. Die Jungs von der Punkband Die Goldenen Zitronen geben die Vorband für den schizophrenen Wahnsinnsknaben Wesley Willis. Filmemacher Jörg Siepmann bekam vom paranoidem Manager des Stars erst einmal Drehverbot verordnet. Ein Alptraum für jeden Regisseur. Siepmann blieb am Ball und erinnert sich heute: "In sicherer Entfernung fuhr das Raumschiff Tourbus unerreichbar, abgeschottet vor uns her. Nach sechs Tagen ohne Schlaf erhielten wir unerwartet Grünes Licht und die Bustür öffnete sich...." Eine Begegnung der dritten Art. (Dienstag, 6.5. 22.15, Arri)

Einen durch und durch klassischen Dokumentrfilm im besten Sinne hat Altmeister Erich Langjahr im Gepäck. Mit HIRTENREISE INS DRITTE JAHRTAUSEND legt er den letzten Teil seiner Trilogie über den Bauernstand vor. Über Jahre begleitete er Wanderhirten auf ihren einsamen Märschen. In kontemplativen Einstellungen porträtiert Langjahr einen der ältesten Berufe der Menschheit als Kontrapunkt zur modernen Welt. "Wird ihnen denn nie langweilig?", fragt eine Radioreporterin den Hirten. Die Frage löst pures Unverständnis aus. In der Natur gibt's schließlich immer was zu entdecken. Und wer einmal die Erfahrung gemacht hat, dass er zum Leben nicht viel mehr braucht, als Schlafsack und wasserfeste Plane, bei dem haben die Alltagssorgen neurotischer Stadtbewohner keine Chance. (Donnerstag, 8.5. 15.00 Uhr, Filmmuseum, reitag 9.5., 18.00 Uhr Maxim)

THE DAY I WILL NEVER FORGET lautet das Thema für eine Schulaufgabe. Doch statt von ihrem schönsten Ferienerlebnis trägt Fouzia ein geicht vor, dass vom Tag ihrer Beschneidung erzählt. Die Auseinadersetzung junger kenianischer Frauen mit einer häufig traumatisiernden Tradition, ihren Eltern und ihrer kulturellen Identität. (Sonntag, 4.5., 20.30 Maxim, Donnerstag, 8.5., 20.30 Filmmuseum)

"Ich bin jemand, der eher in den Schatten hinein schaut, und versucht ein bisschen Licht hinein zu bringen" sagt Susanne Korbmacher, Sonderschullehrerin am Förderzentrum Hasenbergl. Und genau diese Haltung ist es auch, die viele Dokumentarfilmer verbindet, so unterschiedlich die Mikrokosmen auch sein mögen, die sie beleuchten. Wer sich in der nächsten Woche auf einige von Ihnen einlässt, geht vielleicht eine Zeit lang wacheren Blicks durch diese Welt.

Nani Fux

  top
   
 
 
[KINO MÜNCHEN] [FILM AKTUELL] [ARCHIV] [FORUM] [LINKS] [SITEMAP] [HOME]