Olympus Has Fallen – Die Welt in Gefahr

Olympus Has Fallen

USA 2013 · 120 min. · FSK: ab 16
Regie: Antoine Fuqua
Drehbuch: ,
Kamera: Conrad W. Hall
Darsteller: Gerard Butler, Aaron Eckhart, Angela Bassett, Morgan Freeman, Dylan McDermott u.a.
Dead can dance

Nach mir die Sintflut

Ein Terror­an­schlag Nord­ko­reas auf die Verei­nigten Staaten – dieses Szenario scheint Olympus Has Fallen über­ra­schend aktuell zu machen. Doch wer nicht an das Wirken des Welt­geists in Hollywood glaubt, muss keinerlei weitere Gedanken an mögliche zeit­dia­gnos­ti­sche Sensi­bi­litäten der Macher verschwenden.
Dies ist kein Kinowerk, das von Subtexten über­quillt, sondern ein grad­li­niger Action­thriller im patrio­ti­schen Geist der Reagan-Ära: Die Guten sind die Ameri­kaner, die Feinde kommen aus dem Osten. Und mangels sowje­ti­scher Syste­mal­ter­na­tive liegt der fern, noch hinter Sibirien, und heißt Schur­ken­staat. Der »Olymp« des Titels, das ist hier denn auch nicht die bekannte Komman­do­zen­trale der Mytho­logie der grie­chi­schen Antike, sondern der allzu-irdische Götter­himmel des Weißen Haus – im Jargon der Sicher­heits­leute »Olympus«. Dort regiert mit Benjamin Asher, nun wieder ein weißer Präsident, und zwar im Kennedy-Stil: Schönheit, Jugend und Familie. Aaron Eckhart tritt in dieser Rolle in die großen Fußstapfen einiger der besten US-Schau­spieler, verharrt aber eher auf dem Level Bill-Pullman (in Inde­pen­dence Day): Entschlos­sener Blick, gerunz­elte Stirn, und irgend­wann »nach mir die Sintflut.«

Der glänzende Schein des Polit-Betriebs wird allemal schnell gestört, als es einem perfekt getarnten nord-korea­ni­schen Terror­kom­mando im Verein mit einem Luft­an­griff und einem als Touristen verklei­deten Boden­kom­mando – sie haben schon etwas drauf, diese Nord­ko­reaner –, gelingt, ins Weiße Haus einzu­d­ringen, und den Präsi­denten mit der Hälfte seines Kabinetts in einem unter­grün­digen Bunker als Geiseln zu nehmen. Der Präsi­denten-Sprecher ist nun im Amt, und hat die Verant­wor­tung mit den Forde­rungen der Geisel­nehmer umzugehen, zugleich wird erwar­tungs­gemäß insgeheim eine Befrei­ungs­ak­tion vorbe­reitet. Die wiederum werden durch Verräter in den eigenen Reihen gestört.

Dieses Paranoia-Szenario mit seiner unmit­tel­baren Bedrohung des Präsi­denten erinnert stark an erfolg­reiche TV-Terro­rismus-Serien wie »24« und »Homeland«, der Rest eher an Stirb langsam.

Zur zentralen Figur des Gegen­schlags wird Mike Banning, ein von Gerard Butler verkör­perter, ausran­gierter und an einen Schreib­ti­schjob verbannter White-House-Bodyguard. Glück­li­cher­weise ist er gerade vor Ort, und fackelt nicht lang. So wird die Bedrohung natio­naler Sicher­heit zur Erlösung für den symbo­lisch entmannten Kämpfer – so wie auch Alien­an­griffe, Natur­ka­ta­stro­phen, und Kriege im US-Kino immer dafür gut sind, Bezie­hungen zu kitten und gestörte Biogra­phien zu repa­rieren.

Jede Epoche hat offenbar auch die Helden, die sie verdient. Und wie groß die Not, wie klein das Reservoir neuer Gesichter und subti­lerer Charak­ter­dar­steller, wie weit entfernt das heutige Hollywood von seinen Glan­zz­eiten ist, das markiert weniges besser, als der Abstand der zwischen einem Humphrey Bogart, Kirk Douglas, Gene Hackman oder Harrison Ford einer­seits und ande­rer­seits Gerard Butler und Aaron Eckhart liegt, allein Morgan Freeman und die weib­li­chen Neben­dar­steller Ashley Judd, Angela Bassett, Radha Mitchell und Melissa Leo vermögen jenes Star-Charisma zu entfalten, das nötig ist, um die Abstru­sität des Plots und die Unver­froh­ren­heit der kleinen Schlam­preien wett­zu­ma­chen, die diesen Film auf der narra­tiven Ebene prägen.

Um nicht falsch verstanden zu werden: Dies ist ein sehens­werter Film, wenn man dem Genre etwas abge­winnen kann, nur eben zugleich ein satter B-Movie, den man für das nehmen sollte, was er ist. Er könnte nur soviel besser sein, würde er sich selbst ab der richtigen Stelle ernster nehmen, hätte man sich eine Explosion gespart, und statt­dessen bessere Schau­spieler verpflichtet. So dagegen ertappt man sich als Zuschauer beim Gedanken, dass es viel­leicht gar nicht so schlimm wäre, wenn dieser unin­ter­es­sante Dressman-Präsident vorzeitig abgelöst würde.

Regisseur Antoine Fuqua (Training Day, Brooklyn’s Finest) gehört auch nach 15 Jahren in der Bracnche zu denje­nigen, von denen man noch etwas erwartet. Fuqua ist ein guter Arrangeur von Räumen, er schafft klaus­tro­pho­bisch-beängs­ti­gende Momente, und spielt zumindest mit der präsi­den­ti­ellen Ikono­gra­phie – so darf man die abge­bro­chene Spitze des Washington Monument ebenso wenig zufällig als Ausdruck poli­ti­scher Impotenz Amerikas verstehen, wie den zweck­fremden Gebrauch einer Lincoln-Büste als Vertei­di­gungs­werk­zeug in höchster Not als Befrei­ungsakt.
Völlig ohne künst­le­ri­schen Ehrgeiz ist Fuqua also auch hier nicht – freilich inter­es­sieren ihnhier anders als in früheren Werken weder Milieu­rea­lismus, noch mora­li­sche Ambi­va­lenz.

In seiner offenen Selbst­be­schrän­kung, der narra­tiven Primi­ti­vität und seiner US-patrio­ti­schen poli­ti­schen Agenda ist der Film aller­dings gewinnend ehrlich. Kein Grund, sich moralisch zu erregen, oder gar, wie geschehen, zu dem Begriff »Terro­rismus-Porno« hinreißen zu lassen.
Frag­wür­diger ist der Umgang mit Gewalt. Klarer­weise muss ein Terror-Action-Film von Gewalt handeln. Doch dieser Film ist über­trieben brutal, es gibt gewalt­ver­klä­rende Szenen und Folter, die als gerecht­fer­tigt darge­stellt wird. Bei einem Verzicht auf manches wäre dem Film nichts verloren gegangen, im Gegenteil.