11.10.2007

Mennan Yapo zum Thema Schicksal

Sandra Bullock in »Die Vorahnung«
Sandra Bullock in Die Vorahnung

Der Regisseur von Die Vorahnung (Premonition) über seinen neuen Film

Mit Mennan Yapo sprach Nani Fux

artechock: Mennan, Dein erster Film Lautlos basiert bereits auf einer schick­sal­haften Begegnung. In Die Vorahnung kämpft jetzt Sandra Bullock als Linda gegen ein ihr zunächst vorbe­stimmt schei­nendes Unheil. In wiefern hat das Schicksal seine Hand im Spiel gehabt bei diesem Film?

Mennan Yapo: Das war tatsäch­lich schick­sal­haft. Ich hatte schon vor Jahren die Idee, einen Film über eine Woche zu machen, in der die Tage durch­ein­ander geraten – aber ich hatte dazu keine Story. Als das Drehbuch kam, dachte ich, das gibt’s nicht. Das war unglaub­lich.

artechock: Glaubst Du an ein Schicksal in Form einer höheren Macht?

Yapo: Schwie­rige Frage. Ich glaube, es gibt allein schon durch Deine Gene eine gewisse Form der Vorbe­stim­mung, Raster und Muster, in denen Du Dich unbewusst bewegst. Trotzdem glaube ich auch, dass jeder seines Glückes Schmid ist. Dazu muss man aber seinem Herzen folgen und zunächst einmal erkennen, was einem wirklich wichtig ist, gewis­ser­maßen vorbe­stimmt. Das findest Du nur heraus, wenn Du Dich aus dem Strudel der Ereig­nisse heraus­nimmst, Dich hinsetzt und Dich mit Dir selbst zu ausein­an­der­setzt. Ich glaube, die Lösungen liegen immer in einem selbst, und das ist auch die Erfahrung, die die Prot­ago­nistin von DIE VORAHNUNG machen muss.

artechock: Mich hat die Geschichte an Ödipus erinnert: die Unent­rinn­bar­keit des Schick­sals, und das wir ein Unglück selbst herauf­be­schwören, indem wir versuchen, es zu verhin­dern.

Yapo: Das stimmt in sofern, als Du zugleich Lösung, Weg und Teil des Problems bist. Ich habe versucht in Die Vorahnung zu zeigen, dass alles mit allem verknüpft ist. Der Film gibt keine eindeu­tige Antwort darauf, in welchem Maß Linda das Unglück mit ausgelöst hat, und eine Mitschuld daran trägt. Alles ist mit allem und jeder ist mit jedem verbunden. An dieses Prinzip glaube ich – auch weltweit.

artechock: Es gibt also keine einfachen Ursachen und Wirkungen.

Yapo: Ich habe in meinem Film versucht, von einer kausalen Logik wegzu­kommen und statt­dessen eine emotio­nale Logik zu entwi­ckeln. Das war mir wichtig. Aktionen und Reak­tionen wirken synap­tisch, also gleich­zeitig in ganz unter­schied­liche Rich­tungen und beein­flussen so das gesamte Netzwerk. Ich wollte dem Zuschauer darum auch nicht vorschreiben, was er denken soll. Der Film versucht, die verschie­denen Türen und Möglich­keiten aufzu­zeigen, so dass der Zuschauer sich selbst entscheiden muss. Das ist natürlich super­schwer, aber wir haben es versucht.

artechock: Wie passen Schick­sals­schläge, wie sie die Prot­ago­nistin treffen, in Deine Weltbild?

Yapo: Ich glaube, die sind immer auch immer eine Chance und sollten einen dazu bewegen zu reflek­tieren und in sich zu schauen. Es ist immer wahn­sinnig einfach, allem Möglichen die Schuld zu geben, wenn etwas schief läuft. Ich glaube, dass das Leben aus einer unend­li­chen Reihe von Prüfungen und Heraus­for­de­rungen besteht, die man in irgend­einer Weise mit verur­sacht und denen man sich stellen muss. Ich versuche i einer solchen Situation heraus­zu­finden, wie ich auf diesen Weg geraten bin. Ich will mir nicht anmaßen zu sagen, dass das für alle gilt, aber das ist meine persön­liche Einstel­lung.

artechock: Das heißt auch dass man die Verant­wor­tung nicht nach außen abgibt.

Yapo: Genau.

artechock: Meint das Schicksal es gut mit dir?

Yapo: Ich habe keine Ahnung. Momentan danke ich allen Göttern. Ehrlich gesagt habe sogar jede Sekunde in den schwie­rigen Phasen genossen. Einfach nur, weil ich mir gedacht habe: „Es ist geil, ich lebe, ich mache Filme.“ Das große Geschenk des Schick­sals ist für mich nicht die Chance, einen großen Film zu drehen, sondern dass ich weiß, wohin mein Weg gehen soll.

artechock: Was steht als nächstes auf Deiner Liste?

Yapo: Wir arbeiten daran eine Film­pro­duk­tion zu gründen. Und dann würde ich gern auch einmal die aller­größte Heraus­for­de­rung des Lebens annehmen, nämlich Familie und Kinder. Da Regie zu führen ist vermut­lich noch viel schwie­riger als irgend­einen Film zu drehen.

artechock: Und mit dem Casting ist das im wahren Leben auch nicht immer ganz so einfach.

Yapo: (lacht) Das Casting gestaltet sich schwierig, genau. Daran arbeite ich seit fast 20 Jahren.