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Der deutsche Film erledigt sich ja von selber
Ein Interview mit Marianne Sägebrecht

  12.03.1998
 
 
 
 

Artechock: In Frankreich wurde vor kurzem die Kulisse für das kleine gallische Dorf errichtet, in dem die Aussenaufnmahmen für den Asterix-Realfilm erstellt werden sollen. Sie drehen dort demnächst in der Rolle als Gutemine.

Sägebrecht: Jaa, ich werd jetzt Bürgermeisterin. Wollt' ich ja nie, aber jetzt muß ich mich da reinfügen...

>>Haben sie nicht die Befürchtung, daß sich dieses Filmprojekt bei den Asterix-Fans Feinde machen wird?

Nein, die Franzosen haben das ganz zärtlich gemacht. Wie die besetzt haben! Wenn ich mir die Figuren vorstelle. Zum Beispiel den Christian Clavier als Asterix: Der hat eine Seele, eine Ausstrahlung, den könnt' ich sofort in den Arm nehmen. Und Gerard Depardieu als Obelix ist phantastisch. Der IST Obelix. Das sagt er auch selbst: "Das bin ich. Das ist mein alter ego." Mein Mann, Majestix, wird Michel Galabru sein, ein hochintelligenter Theaterschauspieler. Und Gottfried John als Cäsar! Wunderbar!!!

>>Naja, das Gedankenspiel mit der Figurenbesetzung mag noch ganz lustig sein, aber ob auch die Umsetzung für 90 Minuten noch so hinreißend ist?

Das Ganze muß erstmal in Schwung kommen. Aber die historische Recherche stimmt, und auch der Humor. Alle sind willens, daß da keine Klischeefiguren entstehen. Ich spiele die Gutemine ganz ernst. Das ist nun die Aufgabe, daß man diese Figuren menschlich aufführt. Ich hab da ein gutes Gefühl.

>>Sie betonen ja auch sonst gerne, daß Sie Rollen ablehnen, die zu klischeebeladen sind. In "Left Luggage" auf der Berlinale waren Sie neben Maximilian Schell und Isabella Rosselini dennoch in einer Rolle zu sehen, die stark über's Essen definiert wird.

Es geht bei dieser Figur um Kuchen, und darum, daß sie das, was sie im Konzentrationslager erlebt hat, sprichwörtlich, nicht verdaut hat, und. daß sie das Thema nicht anrühren kann. Bevor irgend jemand was sagen kann, bietet diese Frau lieber Kuchen an. Zu allem, was sie erlebt hat, kommt noch hinzu, daß sie sich schuldig fühlt. Van daher ist es klar, daß sie das zudeckt mit Süßigleiten. Ich hab ja schon mal eine Rolle zu dem Thema gespielt. Das war die "Frau nach Maß", wo eine runde Frau, die sich mit ihrem Körper wohlfühlt in ihrer Firma gemobbt wird. Übergeewichtige Menschen werden in unserer gesellschaft absolut ausgeschlossen und diskriminiert. Und nicht nur der dicke mensch, auch der alte, oder nicht mehr ganz dynamische Mensch. Kinder sondert man ja auch aus. Kinder sind lästig und existieren erst ab dem siebten Lebensjahr, wenn sie langsam Konsumenten werden.

>>Jeroen Krabbé, der Regisseur von "Left Luggage", hat gesagt, daß er nicht an die amerikanische Art von Schauspielerei glaubt, sondern daß es für ihn genügt, zum Drehort zu gehen, zu spielen und wieder heim zu gehen. Trifft das auch auf ihre Arbeisweise zu?

Nein. Bei mir geht das so: Bei mir werden Innenbilder wachgerufen aus meinem Leben, wo viel Lachen war, wo viel Weinen war. Die hol ich mir dann. Ich muß meine Figuren total erfinden und mit meinem eigenen Leben vermählen. Ich kann nicht nur da reingehen, und sagen: Ich schau mal, was ich, als Marianne Sägebrecht, dabei erlebe.

>>Ist diese verinnerlichte Schauspielerei auf die Dauer nicht ein bissel albern, wenn beispielsweise ein Szene beim Drehen zwanzigmal wiederholt werden muß?

Grundsätzlich reichen einer bis fünf Takes völlig aus. Denn zu viele Takes sind einfach absurd, es sei denn es hat technische Gründe. Aber normalerweise ist das absurd. Das ist ja das Schöne am europäischen Film - gezwungenermaßen - ,weil die meistens kein so hohes Budget haben. Da wird nicht so viel rumgetüftelt.

>>Weswegen sind Sie eigentlich überhaupt nicht am neudeutschen Filmaufschwung beteiligt?

Neee, der deutsche Film! Das erledigt sich ja von selber. Ich habe zwar mit dem Sönke Wortmann schon mal was gemacht, den "Mr Bluesman", aber ansonsten hat das was mit grundsätzlichen Kriterien zu tun. Ein Bernd Eichinger würde von seiner ästhetischen Einstellung her niemals die Sägebrecht besetzen. Die Ausländer, die Europäer tun mich aus ganz anderen Gründen rein. Die sehen mich ganz anders und haben Respekt vor mir.

Mit Marianne Sägebrecht sprach Richard Oehmann und er fand sie sehr nett

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