10.04.2008

UNDERDOX feiert »Halbzeit«!

GLASGOW: A TRUE AND LOVE STORY
Anna McCarthys
Glasgow: A True And Love Story

UNDERDOX – Halbzeit des Internationalen Filmfestivals für Dokument und Experiment in München

Von Dunja Bialas

Nach dem Festival ist vor dem Festival: Genau ein halbes Jahr liegt die letzte UNDERDOX-Edition zurück. Und genau ein halbes Jahr ist es noch hin, bis im Oktober zum dritten Mal »Dokumente und Expe­ri­mente« auf der Münchner Kino­lein­wand zu sehen sind, von inter­na­tio­nalen expe­ri­men­tellen Doku­men­tar­filmen bis hin zu Münchner Künst­ler­vi­deos.

Wir UNDERDOX-Macher haben jetzt »Halbzeit« ausge­rufen. Deutlich soll dabei werden, dass wir das Festi­val­ma­chen als work in progress verstehen, in dem nichts abge­schlossen oder unver­sucht bleibt, und in dem sich das Festival sich in einem fort­wäh­renden Umwand­lungs­pro­zess befindet. Zur »Halbzeit« gönnen wir uns eine kleine Arbeits­pause und treten mit zwei Programmen an die Öffent­lich­keit. Hier wird Rückblick, Einblick und Ausblick auf das gegeben, was UNDERDOX war (mit einer kleinen Retro­spek­tive), was UNDERDOX hätte sein können (mit dem Nachholen eines Films, der in der letzten Ausgabe ausfallen musste) und was UNDERDOX sein wird (mit einem brand­neuen Künst­ler­video).

Rückblick: Im UNDERDOX-Salon präsen­tieren wir in einem gebün­delten Programm noch einmal (fast) alle Künst­ler­vi­deos der letzt­jäh­rigen Edition. Zu sehen sind Arbeiten von Jutta Burkhardt, Shirin Damerji, Sil Egger, Evi Europa, Angela Fechter & Christian Seidel, Isabel Haase, Daniel Kalafat-Müller, Anna McCarthy, Cora Piantoni, Oliver Pietsch und Gisbert Stach. Zusätz­lich gibt es einen kleinen Bonus­track zu sehen.

Der UNDERDOX-Salon findet statt im Werk­statt­kino am Samstag, 12. April, um 22:30 Uhr.

Einblick: Nichts ist so schlimm für ein Festival wie ein Film, der sich am Tag seiner Vorstel­lung plötzlich als schadhaft erweist, geradezu von innen heraus zersetzt erscheint, obwohl er ein paar Wochen vorher noch problemlos abspielbar war. Wenn das dann ausge­rechnet der Eröff­nungs­film ist, also der Film, der am stärksten exponiert ist und viel­leicht mit der größten Lust ins Programm gehoben wurde, der sogar Kraft haben mag, um als Statement für das Festival zu wirken, dann ist so ein kaputter Film nicht mehr nur eine Panne, sondern Kata­strophe und Alptraum zugleich, von dem man sich lange nicht erholt. Aber wir geben unserem Eröff­nungs­film eine zweite Chance und zeigen zur »Halbzeit« endlich Meng You (Dream Walking) von Huang Wenhai, auf dem vertrau­en­ein­flößenden Format einer Mini-DV. MENG YOU doku­men­tiert im direct style und in düsterem Schwarz-Weiß eine Künst­ler­kom­mune in der Provinz Henan, die sich selbst »behaviour artists« nennt, und Kunst als prak­ti­sche Anwendung versteht, die in allen Lebens­lagen passieren kann. Näch­te­lang reden und trinken die Künstler, disku­tieren ihre Ideen, und stellen sich immer wieder auf den Kopf, viel­leicht um wieder das Blut ins Gehirn fließen zu lassen, vermut­lich aber eher, um sich spontanen Ausdruck für ihre Kunst zu verschaffen. MENG YOU ist der zweite Teil der »Trilogie der Massen über das Überleben in einer absurden Welt« (Huang Wenhai), die Menschen in China porträ­tiert, die es nach offi­zi­eller staat­li­cher Verlaut­ba­rung gar nicht geben sollte: Under­groud und Lebens­künstler, Tauge­nichtse und Tagediebe. Der chine­si­sche Produzent Zhu Rikun, der in Peking seit zwei Jahren ein Inde­pen­dent-Doku­men­tar­film­fes­tival mitbe­treibt, wollte aus diesem Grund zur letzten UNDERDOX-Edition auch keine Beta-Kassette des Films schicken; er hatte Angst, dass diese am Zoll abge­fangen werden könnte. So schickte er eine selbst­ge­brannte DVD, die sich sich leider in dem Zustand der Zerset­zung befand wie wohl die chine­si­sche Gesell­schaft insgesamt, wenn man nur hinsehen kann.

Meng You läuft in der »Halbzeit« im Film­mu­seum am Donnerstag, 10.04. um 19 Uhr.

Ausblick: Anna McCarthy ist eine bekannte Größe in der Münchner Musik- und Video­szene. Sie ist dies aber auch in Glasgow, ihrer zweiten Heimat­stadt. Zur »Halbzeit« präsen­tiert sie Glasgow: A True And Love Story, eine filmische Liebes­er­klärung an die größte Stadt Schott­lands, die sie mit »schlechten Aufnahmen«, wie sie sagt, mit Handys oder digitalen Foto­ka­meras abgedreht hat. McCarthy vermischt diesen visuellen Trash mit durch­dachten, male­ri­schen Bildern und doku­men­tiert »auf liebe­volle, sehr persön­liche und abstra­hierte Art das Leben mehrerer Musiker und Künstler in Glasgow und deren Umgebung« (Anna McCarthy). Glasgow ist genau zur »Halbzeit« fertig­ge­stellt worden, er ist also eine exklusive Welt­pre­miere und reprä­sen­tiert in seiner Neuheit auch das, was kommen wird. Was kommen wird: UNDERDOX 03 natürlich, vom 2.-8. Oktober 2008.

Glasgow: A True And Love Story wird in Anwe­sen­heit der Künst­lerin ebenfalls zur »Halbzeit« im Film­mu­seum am Donnerstag, 10.4. um 19 Uhr präsen­tiert.