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26.07.2007
 
 
     

Wahn und Wirklichkeit
Heute eröffnet zum 20. Mal das Fantasy-Filmfest

 

  Königsdrama: THE BANQUET von Feng Xiaogang  
 
 
 
 

Eine höfische Gesellschaft, und ein täglicher Überlebenskampf. Jeder falsche Schritt kann den Tod bedeuten. Zumal auch diese kühlen Machtmenschen hinter der Fassade des Zeremoniells von tiefer Leidenschaft gepeinigt werden. Etwa die junge Kaiserin Wan. Sie liebt ihren Stiefsohn Prinz Wu Luan, heiratet aber nach dem Tod des Kaisers aus politischen Gründen dessen jüngeren Bruder. THE BANQUET heißt dieses Königsdrama aus China, Feng Xiaogang, eines der jüngeren Talente dieses blühenden Filmlandes, inszenierte es mit Zhang Ziyi, dem immer noch jungen Star der letzten Filme von Ang Lee, Wong Kar-wai und Zhang Yimou in der Hauptrolle der kessen Kaiserin. Ein faszinierendes "Martial Arts"-Ballett aus der Zeit der Tang-Dynastie und mehr als ein Hauch von Shakespeare aus China.

Die Neuinterpretation eines berühmten Shakespeare-Stoffes legt auch der Brite Geoffrey Wright mit MACBETH vor, den zuvor schon Kurosawa und Polanski auf ihre Weise verfilmten. Verlegt in die Unterwelt von Melbourne, erlebt man den Kampf krimineller Familienclans um die Vorherrschaft im Drogenbusiness. Eine überdrehte Pop-Version, in der elisabethanische Verse mit australischem Akzent deklamiert werden, und sich die drei Hexen der Vorlage in Discoschlampen verwandeln.

Seit 20 Jahren gibt es nun das Fantasy-Filmfest und längst hat das, was 1987 als Veranstaltung für die Fans von Elfen und Rittern, Horror und Splatter, Science Ficion und harten Gangster-B-Filmen begann, zu einem der wichtigsten deutschen Filmfestivals gemausert. Mit über 100.000 Zuschauern und 86 Filmen hat das Fantasy Filmfest, das keine öffentlichen Gelder beansprucht, weit mehr Zuschauer, als die meisten subventionierten Festivals. Trotzdem laufen in diesem Jahr mehr denn je Filme aus renommierten "A-Festivals", und das Fantasy-Filmfest schließt damit auch eine kulturelle Lücke, die die Programmkinos und die Kinoverleiher offen lassen. Denn viele der Filme, die hier zu sehen sind wären früher noch ins deutsche Kino gekommen.

In Cannes Premiere hatte etwa BUG, das befremdend-faszinierende neue Werk von Oscargewinner William Friedkin (FRENCH CONNECTION). Ein Film, der haargenau zur Befindlichkeit des inneren Amerika passt: Im Zentrum Agnes (Ashley Judd), eine Trinkerin, die auf einen Veteran trifft, der überzeugt ist, Opfer eines Experiments des Geheimdienstes zu sein, und eine "Wanze" in sich zu tragen. Innenansichten des Wahns, die schnell eskalieren. Weitere Filme aus den Wettbewerben von Berlinale - HALLAM FOE, I AM A CYBORG - und Venedig - PAPIKA, TALES FROM THE EARTHSEA - runden das Hauptprogramm ab.

Seit jeher aber glänzt das Fantasy-Filmfest durch Schwerpunkte mit Filmen aus Frankreich, Spanien und Asien. FAIR PLAY vom jungen Franzosen Lionel Bailliu erzählt in höchst origineller Weise - man erlebt die Figuren immer nur beim Sport - aus dem Innenleben einer Firma. Der Höhepunkt ist ein gemeinsamer Kanu-Ausflug der Belegschaft, bei dem alles eskaliert - und natürlich wird dabei alles andere, als fair gespielt.
Aus Asien kommen unter anderem Kenta Fukasakus YO-YO GIRL COP, eine überdrehte Girlaction-Variation, "Charlies Engel" auf japanisch. Und der erste Animationsfilm von Goro Miyazaki, der mit dem Märchen TALES FROM THE EARTHSEA in die Fußstapfen seines berühmten Vaters tritt. Auch in Deutschland gibt es Fantasy-Filme: NIMMERMEER von Toke Constantin Hebbeln, hat gerade den Sudentenoscar gewonnen: die gewagte Kreuzung aus Motiven von Bergman und Fellini. Interessanter ist Mennan Yapos Film PREMONITION. Der Deutsche, der nach LAUTLOS in Deutschland kein Geld für einen Triller bekam, durfte in den USA gleich mit Sandra Bullock drehen. Auch Peter Stormare und Supermodel Amber Valletta sind mit dabei in diesem Thriller, der nicht nur das Talent dieses Regisseurs belegt, sondern auch die Grenzen der gern gelobten deutschen Filmförderung.

Das Fantasy-Filmfest läuft bis einschließlich 1. August im "Cinema" und im "City", Infos unter www.fantasyfilmfest.com

 

Rüdiger Suchsland

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