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Der Filmfreund rät

  07.06.2001
 
 
 
  Sie dürften das ja mittlerweile kennen: Kaum laufen in Münchner Kinos asiatische Filme, schwupps, schon haben wir nichts Besseres zu tun als Sie, werte Leserschaft, hineinzuempfehlen. Das liegt aber einfach daran, dass es wirklich schwer fiele, etwas BESSERES zu tun. Ist halt mal so. Kann man nix machen. Sind schlichtweg wunderbar, diese Filme.

Also, auf's Neue: Husch, husch, hinein, möglichst hurtig, in MONDAY (Werkstattkino, ab Fr. bis zum 17.6., tgl. 21:00), diese grandiose Albtraumkomödie von Sabu. Und in Johnnie Tos WHERE A GOOD MAN GOES (Filmmuseum, Fr./Sa. 23:00) - oder wollen Sie vielleicht behaupten, es wäre keine gute Idee gewesen, sich Tos zwei anderen Meisterwerke von 1999, THE MISSION und RUNNING OUT OF TIME, anzugucken? Na eben!
(Und nächste Woche, da ist dann Edward Yangs YI YI dran, nur, dass sie sich schon mal drauf vorbereiten können...)

Damit wir hier aber nicht völlig der reinen Asiatophilie bezichtigt werden, haben wir auch noch was amerikanisches im Empfehlungstöpflein. Hätten wir eigentlich auch letzte Woche schon haben können, aber so sind wir, wetterwendisch wie die Weiber und so empfehlen wir die Werkschau von Errol Morris im Filmmuseum. Es gibt ja leider wenig Dokumentarfilmer, die ihre Streifen überhaupt auf großer Kinoleinwand unter's Publikum bringen dürfen, und noch weniger davon gibt es, die das regelmäßig und mit beachtlichem Erfolg tun.

Errol Morris ist einer (vielleicht sogar der einzige), und das jetzt auch schon geraume Zeit. Bekannt wurde er mit THE THIN BLUE LINE (Filmmuseum Di./Mi. 19:00), den Ruf zementiert hat er mit A BRIEF HISTORY OF TIME (Eine kurze Geschichte der Zeit: Mi. 21:15) und SMALL, FAST AND OUT OF CONTROL. Auch davor hat er schöne Sachen gemacht - und danach den großartigen MR. DEATH - THE RISE AND FALL OF FRED A. LEUCHTER, JR. (Fr./Sa. 20:30), den wir Ihnen hier ganz besonders ans Herz legen möchten. Es geht um einen Mann, der damit anfängt, im Hobbykeller Hinrichtungsmaschinen zu bauen, als er mitbekommt, in welch desaströsem Zustand diejenigen in vielen US-Gefängnissen sind. Leuchter kennt Probleme, und er kennt technische Lösungen dafür, sonst nichts. Und wenn das Problem sei, Menschen umzubringen. Schnell hat er mit seinen Produkten Erfolg, wird bekannt. Und sieht sich dann auf einmal vor das Problem gestellt, nachzuweisen, dass in Auschwitz nie jemand ermordet worden sei. Das Verlangen amerikanische Neo-Nazis von ihm, als sie vor Gericht einen Sachverständigen brauchen. Leuchter, der Sachverstand, aber keinen Verstand hat, nimmt den Job an. Stapft durch die KZ-Ruinen, "analysiert" mit katastrophal unzureichenden Methoden. Und findet seinen endgültigen Beweis für die Nichtexistenz des Holocaust darin, dass die Tötungsmaschinerie der Nazis, so wie sie dargestellt wird, in seinen Augen nicht effizient gestaltet war. Ineffizienz aber kann es in Leuchters Weltbild nicht geben.

Morris wurde zum Vorwurf gemacht, dass der Film nicht andauernd deutlich Distanz bezieht - man wollte den erhobenen Zeigefinger, die im Minutentakt vorgetragene Bestätigung, dass es den Holocaust gab und dass die Nazis das Böse waren. Morris aber vertraut auf ein mündiges Publikum, dass das auch so weiß, und auf die Kraft der Selbstdemontage seiner Protagonisten. Was ihm dadurch gelingt, ist ein Film, der in seiner grausigen Komik, in seinem Entblößen engstirniger Schäbigkeit, den Schrecken nicht als Museums-Stück hinter Glas stellt, sondern ganz nah, ganz greifbar macht.

Viel Spaß - nun ja, das mag man da schwerlich wünschen. Eine großartige Kinowoche aber allemal, wünscht
Ihre Artechock Redaktion

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