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Sie dürften das ja mittlerweile kennen:
Kaum laufen in Münchner Kinos asiatische Filme, schwupps, schon
haben wir nichts Besseres zu tun als Sie, werte Leserschaft,
hineinzuempfehlen. Das liegt aber einfach daran, dass es wirklich
schwer fiele, etwas BESSERES zu tun. Ist halt mal so. Kann man nix
machen. Sind schlichtweg wunderbar, diese Filme.
Also, auf's Neue: Husch, husch, hinein, möglichst hurtig, in
MONDAY (Werkstattkino, ab Fr. bis zum 17.6., tgl. 21:00),
diese grandiose Albtraumkomödie von Sabu. Und in Johnnie Tos WHERE
A GOOD MAN GOES (Filmmuseum, Fr./Sa. 23:00) - oder wollen
Sie vielleicht behaupten, es wäre keine gute Idee gewesen, sich Tos
zwei anderen Meisterwerke von 1999, THE MISSION und RUNNING OUT OF
TIME, anzugucken? Na eben! (Und nächste Woche, da ist dann
Edward Yangs YI YI dran, nur, dass sie sich schon mal drauf
vorbereiten können...)
Damit wir hier aber nicht völlig der reinen Asiatophilie
bezichtigt werden, haben wir auch noch was amerikanisches im
Empfehlungstöpflein. Hätten wir eigentlich auch letzte Woche schon
haben können, aber so sind wir, wetterwendisch wie die Weiber und
so empfehlen wir die Werkschau von Errol Morris im Filmmuseum. Es
gibt ja leider wenig Dokumentarfilmer, die ihre Streifen überhaupt
auf großer Kinoleinwand unter's Publikum bringen dürfen, und noch
weniger davon gibt es, die das regelmäßig und mit beachtlichem
Erfolg tun.
Errol Morris ist einer (vielleicht sogar der einzige), und das
jetzt auch schon geraume Zeit. Bekannt wurde er mit THE THIN BLUE
LINE (Filmmuseum Di./Mi. 19:00), den Ruf zementiert
hat er mit A BRIEF HISTORY OF TIME (Eine kurze Geschichte der Zeit:
Mi. 21:15) und SMALL, FAST AND OUT OF CONTROL. Auch davor
hat er schöne Sachen gemacht - und danach den großartigen MR. DEATH
- THE RISE AND FALL OF FRED A. LEUCHTER, JR. (Fr./Sa.
20:30), den wir Ihnen hier ganz besonders ans Herz legen
möchten. Es geht um einen Mann, der damit anfängt, im Hobbykeller
Hinrichtungsmaschinen zu bauen, als er mitbekommt, in welch
desaströsem Zustand diejenigen in vielen US-Gefängnissen sind.
Leuchter kennt Probleme, und er kennt technische Lösungen dafür,
sonst nichts. Und wenn das Problem sei, Menschen umzubringen.
Schnell hat er mit seinen Produkten Erfolg, wird bekannt. Und sieht
sich dann auf einmal vor das Problem gestellt, nachzuweisen, dass
in Auschwitz nie jemand ermordet worden sei. Das Verlangen
amerikanische Neo-Nazis von ihm, als sie vor Gericht einen
Sachverständigen brauchen. Leuchter, der Sachverstand, aber keinen
Verstand hat, nimmt den Job an. Stapft durch die KZ-Ruinen,
"analysiert" mit katastrophal unzureichenden Methoden. Und findet
seinen endgültigen Beweis für die Nichtexistenz des Holocaust
darin, dass die Tötungsmaschinerie der Nazis, so wie sie
dargestellt wird, in seinen Augen nicht effizient gestaltet war.
Ineffizienz aber kann es in Leuchters Weltbild nicht geben.
Morris wurde zum Vorwurf gemacht, dass der Film nicht andauernd
deutlich Distanz bezieht - man wollte den erhobenen Zeigefinger,
die im Minutentakt vorgetragene Bestätigung, dass es den Holocaust
gab und dass die Nazis das Böse waren. Morris aber vertraut auf ein
mündiges Publikum, dass das auch so weiß, und auf die Kraft der
Selbstdemontage seiner Protagonisten. Was ihm dadurch gelingt, ist
ein Film, der in seiner grausigen Komik, in seinem Entblößen
engstirniger Schäbigkeit, den Schrecken nicht als Museums-Stück
hinter Glas stellt, sondern ganz nah, ganz greifbar macht.
Viel Spaß - nun ja, das mag man da schwerlich wünschen. Eine
großartige Kinowoche aber allemal, wünscht Ihre Artechock
Redaktion
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