Na, da bleibt ja alles beim alten: Letzte Woche Kurt
Hoffmann-Retro und leicht perversen Midnight-Movie im Filmmuseum
empfohlen, diese Woche Kurt Hoffmann-Retro und leicht perversen
Midnight-Movie im Filmmuseum empfohlen.
Die Unterschiede: 1. Der Mitternachstfilm ist diesmal
PEEPING TOM, zu dem wir Ihnen wahrscheinlich nicht viel erzählen
müssen. Das ist das seinerzeit völlig verkannte Michael
Powell-Meisterwerk um einen serienmordenden Kamera-Assistenten, der
Frauen mit einem Dolch am Stativ seiner Kamera umbringt, während er
sie dabei filmt. Weil der Film viel Unangenehmes zu sagen hat über
Kino, Voyeurismus, sadomasochistischen Blick und perverse
Patriarchen, und weil er dies im Kostüm eines hochspannenden,
beklemmenden Thrillers tut, bedeutete er einst einen drastischen
Einbruch in den Karrieren nicht nur des renommierten Regisseurs,
sondern auch der Hauptdarstellers - dem aus seinem "Jeder Mutters
liebster Schwiegersohn"-Image ausbrechenden Karlheinz Böhm. Heute
sind wir schlauer (gewiss nicht schlau, aber zumindest in diesem
konkreten Fall schlauer) und sehen uns den Film gerne wieder einmal
an. (PEEPING TOM (OF): Filmmuseum, Fr./Sa. 23:00)
2. In der Kurt Hoffmann-Retro geht's diesmal nicht ganz so
munter zu wie letztesmal mit der Spessart-Trilogie. Der Haupt-Tip
diesmal nämlich WIR WUNDERKINDER. Das ist zwar eine Satire, und an
Gangs nicht gänzlich arm. Aber die geht, für die Verhältnisse von
1958, ganz schön ans Eingemachte. Um deutsche Nazi-Vergangenheit
geht's, und oft wurde dem Film vorgeworfen, dass er letztlich zu
kaberettistisch, zu spießbürgerlich-possierlich sei. Was insofern
stimmt, als er viel mit der verklemmten Freude spielt, gewisse
Sachen zu sagen, die man sich damals so noch immer nicht offen
getraut hat - und dabei die Sachen, um die's wirklich gehen müsste,
Völkermord, Bestialitäten, Krieg, doch fast völlig ausspart. Aber
sowohl in seiner Struktur (wo z.B. an entscheidender Stelle
plötzlich ein eklatant irrelevanter Kabarett-Song über
Spenden-Sammlungen kommt, der wohl nur den Zweck hat klarzumachen,
dass das, was jetzt eigentlich gesagt werden müsste, unaussprechbar
ist) als auch besonders in seinen von Schatten überwältigten
Bildern kriecht das Unbenannte an allen Ecken und Enden doch in den
Film und wirft einen namenlosen Grusel über alles, bringt ungeheure
Beklemmung mit sich. Das Lachen in WIR WUNDERKINDER wird ziemlich
bald zu einem leicht hysterischen Lachen im Dunklen. Und man sollte
nicht unterschätzen, was der Film (einer der Meilensteine deutschen
Nachkriegs-Kinos) auf diese Weise wohl alles bei seinem riesigen
damaligen Publkium ausgelöst hat - das er so zahlreich sicher nie
gehabt hätte, wäre er die Sache frontaler angegangen. (Zum
Vergleich gibt's dann gleich auch noch den eben wesentlich
direkteren WIR KELLERKINDER von und mit Wolfgang Neuss, der damals
(1960) schon ein scharfer, aber noch weithin geliebter Kabarettist
war - bevor er sich entschloss, mit der Kritik an der Gesellschaft
nicht nur zu spaßen, sondern sie auch radikal zu leben.)
(Filmmuseum: WIR WUNDERKINDER Di./Mi. 19:00, WIR KELLERKINDER
Di./Mi. 21:15)
Wem's danach dann nach einigen echten, ungebrochenen und
unbeschwerten Lachern gelüstet, der oder die sei an's Werkstattkino
verwiesen. Da läuft gerade eine äußerst feine Reihe mit Komödien
aus Hollywoods wilden Jahren in den 60ern und 70ern. Über die
genauen Titel gibt Ihnen das Kino gerne Auskunft.
Auf dass wir alle gemeinsam zuletzt lachen: Viel Spaß im Kino
wünscht
Die
Artechock-Redaktion
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