KINO MÜNCHEN FILM AKTUELL ARCHIV FORUM LINKS SITEMAP
     
 

Der Filmfreund rät

  16.11.2000
 
 
 
 

Na, da bleibt ja alles beim alten: Letzte Woche Kurt Hoffmann-Retro und leicht perversen Midnight-Movie im Filmmuseum empfohlen, diese Woche Kurt Hoffmann-Retro und leicht perversen Midnight-Movie im Filmmuseum empfohlen.

Die Unterschiede:
1. Der Mitternachstfilm ist diesmal PEEPING TOM, zu dem wir Ihnen wahrscheinlich nicht viel erzählen müssen. Das ist das seinerzeit völlig verkannte Michael Powell-Meisterwerk um einen serienmordenden Kamera-Assistenten, der Frauen mit einem Dolch am Stativ seiner Kamera umbringt, während er sie dabei filmt. Weil der Film viel Unangenehmes zu sagen hat über Kino, Voyeurismus, sadomasochistischen Blick und perverse Patriarchen, und weil er dies im Kostüm eines hochspannenden, beklemmenden Thrillers tut, bedeutete er einst einen drastischen Einbruch in den Karrieren nicht nur des renommierten Regisseurs, sondern auch der Hauptdarstellers - dem aus seinem "Jeder Mutters liebster Schwiegersohn"-Image ausbrechenden Karlheinz Böhm. Heute sind wir schlauer (gewiss nicht schlau, aber zumindest in diesem konkreten Fall schlauer) und sehen uns den Film gerne wieder einmal an.
(PEEPING TOM (OF): Filmmuseum, Fr./Sa. 23:00)

2. In der Kurt Hoffmann-Retro geht's diesmal nicht ganz so munter zu wie letztesmal mit der Spessart-Trilogie. Der Haupt-Tip diesmal nämlich WIR WUNDERKINDER. Das ist zwar eine Satire, und an Gangs nicht gänzlich arm. Aber die geht, für die Verhältnisse von 1958, ganz schön ans Eingemachte. Um deutsche Nazi-Vergangenheit geht's, und oft wurde dem Film vorgeworfen, dass er letztlich zu kaberettistisch, zu spießbürgerlich-possierlich sei. Was insofern stimmt, als er viel mit der verklemmten Freude spielt, gewisse Sachen zu sagen, die man sich damals so noch immer nicht offen getraut hat - und dabei die Sachen, um die's wirklich gehen müsste, Völkermord, Bestialitäten, Krieg, doch fast völlig ausspart. Aber sowohl in seiner Struktur (wo z.B. an entscheidender Stelle plötzlich ein eklatant irrelevanter Kabarett-Song über Spenden-Sammlungen kommt, der wohl nur den Zweck hat klarzumachen, dass das, was jetzt eigentlich gesagt werden müsste, unaussprechbar ist) als auch besonders in seinen von Schatten überwältigten Bildern kriecht das Unbenannte an allen Ecken und Enden doch in den Film und wirft einen namenlosen Grusel über alles, bringt ungeheure Beklemmung mit sich. Das Lachen in WIR WUNDERKINDER wird ziemlich bald zu einem leicht hysterischen Lachen im Dunklen. Und man sollte nicht unterschätzen, was der Film (einer der Meilensteine deutschen Nachkriegs-Kinos) auf diese Weise wohl alles bei seinem riesigen damaligen Publkium ausgelöst hat - das er so zahlreich sicher nie gehabt hätte, wäre er die Sache frontaler angegangen. (Zum Vergleich gibt's dann gleich auch noch den eben wesentlich direkteren WIR KELLERKINDER von und mit Wolfgang Neuss, der damals (1960) schon ein scharfer, aber noch weithin geliebter Kabarettist war - bevor er sich entschloss, mit der Kritik an der Gesellschaft nicht nur zu spaßen, sondern sie auch radikal zu leben.)
(Filmmuseum: WIR WUNDERKINDER Di./Mi. 19:00, WIR KELLERKINDER Di./Mi. 21:15)

Wem's danach dann nach einigen echten, ungebrochenen und unbeschwerten Lachern gelüstet, der oder die sei an's Werkstattkino verwiesen. Da läuft gerade eine äußerst feine Reihe mit Komödien aus Hollywoods wilden Jahren in den 60ern und 70ern. Über die genauen Titel gibt Ihnen das Kino gerne Auskunft.

Auf dass wir alle gemeinsam zuletzt lachen:
Viel Spaß im Kino wünscht

Die Artechock-Redaktion

  top
   
 
 
[KINO MÜNCHEN] [FILM AKTUELL] [ARCHIV] [FORUM] [LINKS] [SITEMAP] [HOME]