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22.06.2000
 
 
   
 

Was vom Filmfest übrig blieb

 
Vom Kino gebissen - das tut weh!
     
 
 
 
 

Dem Filmfest München wird gerne vorgeworfen, dass dort viele Filme laufen, die ohnehin wenige Wochen später regulär in unsere Kinos kommen.
Ein schlichter Blick in das letztjährige Programm beweist (leider) das Gegenteil und zeigt zudem ein selten diskutiertes Problem der Filmindustrie auf.

Natürlich gab es auch beim FFM 99 einige Filme, die kurz darauf ihren regulären Start hatten, aber sie waren aber die Ausnahme. Auf manche Filme mußte man dagegen monatelang warten, wie etwa auf AGNES BROWNE von Anjelica Huston, der jetzt (also ein Jahr später) in unseren Kinos läuft. Auf den weitaus größten Teil der Filme jedoch wartete man vergeblich.

Von den nichtamerikanischen Filmen, die vor einem Jahr auf dem FFM liefen haben es keine 5 Prozent in unsere Kinos geschafft, bei den amerikanischen Produktionen (incl. der Independents) lag die Quote nur etwas höher.
Tragisches Musterbeispiel für dieses Dilemma ist RUSHMORE von Wes Anderson. Im Programmheft des FFM 99 noch mit einer ganzen DIN A 4-Seite beworben und mit Starttermin am 16.6.99 angekündigt, tauchte er niemals auf den Spielplänen auf. Die seit Monaten auf diesen Seiten bereitstehende Kritik zu diesem Film unter der Rubrik "Demnächst" ist trauriges Zeugnis für sein Nichterscheinen. [Doch wir geben die Hoffnung nicht auf - AGNES BROWN hat es, wie gesagt, nach einem Jahr auch geschafft...]

Man fragt sich zwangsläufig, warum so etwas geschieht. RUSHMORE ist nicht nur ein sehr guter Film (was einen Verleih ohnehin nur zweitrangig interessiert), sondern durchaus auch publikumswirksam und damit potentiell wirtschaftlich erfolgreich. Wenn man weiterhin bedenkt, dass die Produktion dieses Film einige Millionen gekostet hat und bereits Geld für Werbung ausgegeben wurde, kann man sich nur schwer vorstellen, warum der Film nicht zumindest für kurze Zeit in die Kinos kam.

Dabei ist RUSHMORE nur einer von vielen. Zu finden sind diese unterschlagenen Filme eben auf Filmfesten oder in der sogenannten Zweitverwertungsschiene, sprich dem Fernsehen oder auf Video. Denkt man auch noch an die guten Filme, die nur für eine Woche in ein oder zwei Kinos laufen, dann kommt man zu einer bedrückenden Erkenntnis.
Das Problem ist nicht, dass zu wenig gute Filme gemacht werden (was manche gerne behaupten), sondern dass man keine Gelegenheit hat, viele davon überhaupt im Kino zu sehen.

Warum manche Filme keinen Verleih finden bzw. von diesem nicht in die Kinos gebracht werden und andere, ähnliche Filme dagegen schon, ist eine Frage, über der man schnell den Verstand verlieren kann.
Im Hintergrund steht natürlich immer die Überlegung, ob sich ein Kinostart wirtschaftlich rentiert. Wie es sich aber rentieren soll, einen x-Millionen Dollar Film wie RUSHMORE verstauben zu lassen, dass wissen nur die Verleiher.

Da nicht absehbar ist, dass die großen Verleiher irgend etwas an dieser undurchsichtigen Praktik ändern werden, wird das Filmfest auch in diesem Jahr wieder die einzige Möglichkeit sein, eine Reihe von guten Filmen zu sehen. Welche Filme das im einzelnen sind, dass steht aber in den Sternen bzw. den Geschäftsbüchern der Verleihfirmen.

Michael Haberlander

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