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Der Filmfreund rät...

  24.02.2000
 
 
 
 

Sie kennen gewiss das Problem: Da will man als eifriger Cineast, respektive Filmfan, seine pflichtgemäßen zwei bis siebzehn Filme in der Woche anschauen - aber wie nur das Pensum schaffen? So viele andere Dinge gibt's zu tun im Leben außer ins Kino zu gehen, wie Schlafen, Essen, ääähhh..., ja, also viele andere Dinge gäb' es noch. (Sagen manche.)
Was also tun, um dennoch die nötige Anzahl an Filmen zu bewältigen? Das Filmmuseum weist uns dieses Wochenende eine mögliche Lösung. Effektiver gucken, lautet die Devise, und das sieht so aus, dass man von Samstag abend um 20 Uhr bis Sonntag morgen um 8 komplett im Kino verbringen und somit einen guten Teil der Wochenquote in einer einzigen Nacht erledigen kann. (Was übrigens eindeutig eine Hilfsmaßnahme für Kinoverrückte mit Zeitmangel ist, wird hier verkauft als Beitrag zum "Jede Kultur hat ihre Zeit"-Projekt des Kulturreferats. Ha, wir glauben kein Wort! Auch wenn tatsächlich fast alle gezeigten Filme was mit Zeit oder Nacht zu tun haben mögen...)
Und wer denkt, da kämen dann aber auch nur dumme Quotenfilme - ja, der oder die hat meilenweit gefehlt. Ein Leckerbissen-Programm ist's sondergleichen und wäre auch abgesehen vom Effektivitätsaspekt eine Pflichtveranstaltung. NIGHT OF THE HUNTER, Charles Laughtons geniales, finsteres Märchen gibt's da zum Beispiel, und Scorseses so unfair vernachlässigten AFTER HOURS, die herrliche 1959er Verfilmung von Wells' THE TIME MACHINE und der Lesben-Vampir-Klassiker BLUT AN DEN LIPPEN. Sowie prima Kurzfilme - darunter Chris Markers grandioser LA JETÉE, der die Inspiration zu 12 MONKEYS geliefert hat - und klassische Cartoons wie WHAT'S OPERA, DOC? (mit Bugs Bunny als Brünhilde und Elmer Fudds "Im gwonna kill the wabbit"-Arie zum Walküren-Ritt).
Also, stimmen wir ein mit Herrn Gründgens, der es ja schon lange gesagt (bzw. gesungen) hat: "Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da, die Nacht ist da das was geschieht..." Er meinte bestimmt Kinogehen.

Jetzt werden Sie aber vielleicht - weniger abgehärtet als wir, was Dauer-Kinositzungen angeht - sagen: "12 Stunden am Stück im Kino? Das hält man doch nie aus!" Sie könnten's uns jetzt einfach glauben, dass doch - wir haben das bei diversen Filmfesten schon des öfteren getestet. Aber Sie können auch einfach ein bißchen trainieren. Am Freitag. Auch im Filmmuseum. (Da ließe sich ja schon der persönliche Sessel etwas weichsitzen.) Immerhin so um die viereinhalb Stunden sind da nämlich zu absolvieren - und kein Weg führt dran vorbei. WINNETOU I bis III kommt! Was sollen wir da noch sagen, ohne in seitenlanges Schwelgen zu geraten oder kübelweise Tränen der Rührung zu vergießen! Da fangen wir doch lieber gar nicht an zu erzählen, was uns der Häuptling der Appachen in unserer frühen Jugend bedeutet hat. Wie sehr Ntschotschi (hoffentlich haben wir das jetzt richtig geschrieben...) unser Herz zum Klopfen brachte. Wie sehr wir uns gewünscht haben, nur einmal mit der Silberbüchse im Arm und Old Shatterhand an unserer Seite zu lustigen Indianerspielen in den Wilden Westen aufzubrechen, der uns seltsamerweise immer so an den Jugoslawien-Urlaub erinnerte. Oder dass wir ein echtes Pierre Brice-Autogramm im Schrank haben. Und zu Fasching immer als Indianer gegangen sind. Dass wir das Winnetou-Sammelbilder-Klebealbum voll bekommen haben, und die aufregende Winnetou-Guckscheibe für den Viewmaster (wer erinnert sich an diese Dinger?) besaßen. Oder gar, dass wir Nächte lang nicht mehr gut schlafen konnten, als dieser elende Schurke Winnetou erschossen hat - der sich für seinen Freund opferte! Schluchz! Heul!!
Nein, nein, da fangen wir überhaupt nicht mit an. Da sagen wir nur: Als filmhistorisches Dokument speziell im Hinblick auf die Rolle des kommerziell orientierten deutschen Nachkriegskinos sowohl als Auslöser für italienische Genre-Zyklen als auch die Welle pan-europäischer Produktionen und auch als Feindbild des Neuen Deutschen Filmes durchaus bedeutsam. M-hm. Jawoll. Nur deswegen gehen wir rein. Klar.
(Und jetzt alle zusammen die Titelmelodie:"Mmm-hmmmmmmmmm, mmm-hmmm-hmmm-hmmm-hmmm-hmmmmmmm. Mmm-hmmmmmmm, mmm-hmm-hmm-hmm-hmm-hmmmmmmmm....")

Nur zu gern würden wir Ihnen jetzt auch noch berichten, was unser Western-Fan und Musik-Kenner Herr Oehmann zu diesem Themenkomplex im Allgemeinen ebenso wie im Speziellen zu sagen hat. Nun weilt der aber, ganz uneffektiv, noch immer in Berlin, obwohl doch die Berlinale schon vorbei ist.
Deshalb einfach so noch schnell was ganz anderes, nämlich der entscheidende Tip für alle, denen entweder diese beiden cineastischen Marathon-Veranstaltungen noch nicht genug sind (das wären dann Leute ganz nach unserem Geschmack...), oder so viel zu viel (Memmen!), dass sie einfach nur einen Film empfohlen haben mögen für diese Woche. So oder so, oder auch ganz anders, wurscht, wichtig ist nur: SLEEPY HOLLOW muss angeschaut werden. Mehrmals. Unbedingt, sonst haben Sie bewiesen, dass sie Kino nicht mögen. Und wir müssten dann schmollen. Und das (um wenigstens ein - wenn auch aus anderem Kontext stammendes - Zitat des Herrn Oehmann angebracht zu haben) kann doch kein Mensch wollen. (Das hat sich jetzt auch noch gereimt, und was sich reimt... - na ja, sie wissen schon.)
Was wir (und viele, viele Menschen) hier noch wollen, ist dann eigentlich nur noch das Oehmannsche Mantra, das uns wohlbehütet und bestens gestimmt in diese effektiv-filmreiche Woche entlässt. Und hier ist's:
"Samstags Fußball, Sonntag Lindenstraße."

Viel Spaß dabei wünscht Ihnen

Die Artechock-Redaktion

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